Gesetzliche Krankenkasse: Privatversicherte können leichter wechseln

Düsseldorf. Von einer „Flucht“ aus den privaten Krankenversicherungen (PKV) ist derzeit in einigen Medien die Rede. Die privaten Krankenkassen dementierten dies postwendend. Doch Anlass und Möglichkeiten zum Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gibt es Anfang 2012 genügend.

Die „Privaten“ haben im letzten Jahr deutlich dazu gewonnen. Das stellen unisono der Marktführer Debeka und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fest. Dagegen konstatieren mehrere gesetzliche Kassen aktuell einen wahren Ansturm von „Rückwechslern“ aus der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung. Beides dürfte zutreffen.

Im letzten Jahr hat der Gesetzgeber den Wechsel in die PKV erheblich erleichtert. Daher sind 2011 viele gut verdienende Arbeitnehmer in eine Privatversicherung gewechselt, die dies „eigentlich“ schon in den Vorjahren tun wollten, aber noch nicht konnten. 2012 gibt es dagegen vermutlich einen Rückstrom in die GKV — vor allem wegen der gestiegenen Prämien bei etlichen Privaten.

Höhere Prämien: Laut Spiegel haben manche privaten Krankenversicherungen ihre Prämien um bis zu 50 Prozent erhöht. Das Analysehaus Morgen & Morgen, auf dessen Datenbasis der Rechner von biallo.de kalkuliert, stellt allerdings für Versicherte zwischen 21 und 50 Jahren im Schnitt Beitragserhöhungen von 2,4 Prozent fest. Dafür gibt es aber in vielen Tarifen eine Erhöhung des Selbstbehalts. Fest steht: Die happigsten Prämienerhöhungen halten die Privaten immer für Ältere bereit.

Höhere Versicherungspflichtgrenze: Anfang 2012 wurde die sogenannte Versicherungspflichtgrenze deutlich erhöht. Dadurch steht jetzt die Tür in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für manche Privatversicherte wieder offen. Versicherungspflicht in der GKV besteht 2012 für Beschäftigte mit einem Monatseinkommen von bis zu 4.237,50 Euro. Bis zum Jahreswechsel lag diese Grenze bei 4.125 Euro. Wer 2011 bereits regelmäßige Einkünfte über der Versicherungspflichtgrenze hatte und 2012 — voraussichtlich — auch über dieser Grenze liegen wird, kann entweder in eine private Krankenversicherung wechseln oder freiwillig gesetzlich versichert bleiben.

Rückkehroption: Wegen der deutlichen Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze „rutschten“ zum Jahreswechsel wieder etliche Privatversicherte in die Versicherungspflicht bei einer gesetzlichen Kasse. Das betrifft alle, die weniger als 4237,51 Euro monatlich verdienen. Nur für langjährig — schon vor 2003 — bereits privat Versicherte gibt es eine Ausnahme: Für sie liegt diese Grenze deutlich niedriger, nämlich bei regelmäßigen monatlichen Einkünften von 3.825 Euro.

Von der (wieder) eintretenden Versicherungspflicht in einer gesetzlichen Kasse können sich die Betroffenen aber befreien lassen und somit weiter privat krankenversichert bleiben.

Wichtig ist dann allerdings: Damit sind sie auch künftig meist dauerhaft an die private Kranken- und Pflegeversicherung gebunden. Denn im Grundsatz gilt in diesem Fall: „Die Befreiung kann nicht widerrufen werden.“ Dies regelt Paragraf 8 Absatz 2 des Sozialgesetzbuches (SGB) V. Solange die Betroffenen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis haben, bleiben sie also nach einer Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht auch künftig weiterhin privat versichert — selbst wenn ihr Einkommen noch weiter sinkt. Sollten sie ihren Job verlieren und auf Arbeitslosengeld I angewiesen sein, so werden sie allerdings erneut in der GKV versicherungspflichtig. Das entschied das Bundessozialgericht am 25. Mai 2011 (Az.: B 12 KR 9/09 R).

Entgeltumwandlung oder Arbeitszeitkonto: Auch privat krankenversicherte Arbeitnehmer, deren Einkünfte 2012 über der Versicherungspflichtgrenze liegen, können unter Umständen in die GKV zurückkehren: Mit Einzahlungen in die betriebliche Altersvorsorge lässt sich gegebenenfalls die kritische Einkommensgrenze unterschreiten. 2012 können Arbeitnehmer bis zu 224 Euro ihres Bruttomonatseinkommens (2.688 Euro pro Jahr) beitragsfrei über eine Entgeltumwandlung für die Altersvorsorge abzweigen und so ihre sozialbeitragspflichtigen Einkünfte senken. Auch durch „Parken“ von Einkommensbestanteilen auf einem Langzeit- bzw. Lebensarbeitszeitkonto sinken die versicherungspflichtigen Einkünfte — ggf. unter die Versicherungspflichtgrenze. Sozialversicherungsbeiträge. Steuern fallen dann erst an, wenn die angesparten Rücklagen genutzt werden — etwa für eine längere Auszeit vom J! ob oder für einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben.

55-Jahres-Grenze: Privat Versicherte, die bereits 55 Jahre oder älter sind, können im Regelfall nicht mehr in die GKV zurückkehren. Das bestimmt Paragraf 6 Absatz 3a SGB V. Danach bleibt „nach Vollendung des 55. Lebensjahres“ die Rückkehr in die GKV für diejenigen versperrt, die in den letzten fünf Jahren zu keiner Zeit gesetzlich versichert waren.

Eine Rückkehr in eine gesetzliche Kasse lohnt sich vor allem für Ältere (unter 55) und für Versicherte mit Kindern. Denn nur bei den gesetzlichen Kassen gibt es die beitragsfreie Familienversicherung für Kinder und gering verdienende Ehepartner.