Günstig und gut? - Worauf es beim Brillenkauf im Internet ankommt
Düsseldorf (dpa/tmn) - Internet-Brillenhändler glänzen gerade mit enormen Wachstumsraten. Mister Spex zum Beispiel hat seine Kundenzahl im vergangenen Jahr auf eine Million verdoppelt. Doch taugen die Brillen aus dem Internet etwas?
Düsseldorf (dpa/tmn) - Internet-Brillenhändler glänzen gerade mit enormen Wachstumsraten. Mister Spex zum Beispiel hat seine Kundenzahl im vergangenen Jahr auf eine Million verdoppelt. Doch taugen die Brillen aus dem Internet etwas?
Inzwischen gibt es rund 15 Online-Optiker in Deutschland, die Damen-, Herren- und sogar Gleitsichtbrillen anbieten - meist zu attraktiven Preisen. Für jede Gesichtsform ist etwas dabei. Über einen Filter können die Kunden eine Vorauswahl der Modelle treffen. Ist ein Modell gefunden, kann man es sich über ein hochgeladenes Foto oder die Webcam virtuell auf die Nase setzen und online anprobieren. Noch schnell die Dioptrin-Werte angeben, den Augenabstand messen und einige Tage später liegt die fertige Brille im Briefkasten.
Doch ist es wirklich so einfach? „Eine Brille ist eine handwerkliche Angelegenheit. Sie muss an den Kopf angepasst werden“, sagt Georg Eckert, Augenarzt und Pressesprecher des Berufsverbands der Augenärzte Deutschland (BVA) in Düsseldorf. Auch wenn eine falsche Brille allenfalls Kopfschmerzen verursacht, rät er zum Optiker vor Ort, der die Brille individuell anpassen kann.
Deutlicher wird Ingo Rütten, Pressesprecher vom Zentralverband der Augenoptiker (ZVA) in Düsseldorf. „Eine Brille ist kein Produkt, das online verkauft werden kann“, sagt er. Seiner Meinung nach ist es reiner Zufall, wenn eine im Internet gekaufte Brille vernünftig auf der Nase sitzt und nicht drückt oder rutscht.
„Um eine vernünftige Brille zu bekommen, muss man neben den Dioptrien-Werten zumindest auch die Pupillendistanz und den Hornhautscheitelabstand kennen“, sagt Rütten. Das könne das Internet nicht leisten. Vom Augenabstandsmesser, den manche Online-Optiker auf ihren Internetseiten zum Ausschneiden anbieten, hält der gelernte Augenoptiker nichts. „Das ist sehr fehlerbehaftet, weil die meisten Käufer nicht ordentlich messen.“
Eine Ausnahme für den Internet-Einkauf lässt der Optiker aber gelten: Wenn man niedrige Dioptrien-Werte und keine weiteren anatomischen Besonderheiten habe, könne man eine Online-Brille erwägen. „Je stärker aber die Fehlsichtigkeit ist, desto größer wird die Gefahr, dass man mit einer im Internet bestellten Brille nicht sehen kann.“
Besonders Gleitsichtbrillen sollten nicht online gekauft werden, sind sich Augenarzt und Augenoptiker einig. „Eine Gleitsichtbrille ist handwerklich noch aufwendiger“, sagt Eckert. Eine solche Brille müsse perfekt sitzen und auf die Pupillen ausgerichtet sein. „Ich habe meine Bedenken, wie man das mit einer Webcam hinbekommen kann.“
Eine Lösung bietet bislang nur Mister Spex. Bei verschiedenen Vertragspartnern kann man die Internet-Brille anpassen lassen. „Hier sollte man sich vorab erkundigen, ob einer in der Nähe ist“, rät Regina Behrendt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn das Netz ist noch nicht engmaschig gestrickt.
Bei aller Kritik sieht der Augenarzt aber auch einen Vorteil im Online-Brillen-Boom. „Der Kunde weiß, dass er vor der Bestellung zum Augenarzt muss“, sagt Eckert. Und das befürwortet der Berufsverband ausdrücklich, da er zu regelmäßigen Routineuntersuchungen rät.
Daneben gelten auch bei Brillen die üblichen Vorteile, die der Online-Kauf bietet. Man kann bequem von zu Hause aus recherchieren und bestellen. „Außerdem haben die Online-Optiker meist eine größere Auswahl als im Geschäft“, sagt Behrendt.
Als Entscheidungshilfe bieten manche Internethändler an, sich mehrere Brillen „zur Anprobe“ nach Hause bestellen zu können. „Dafür muss man allerdings den kompletten Preis bezahlen. Verpasst man die Rückgabefrist, gelten alle Modelle als gekauft“, warnt Verbraucherschützerin Behrendt.
Auch der Preis spricht in der Regel für den Brillen-Kauf im Internet. Behrendt rät aber zum Vergleich der verschiedenen Anbieter. Auch beim Optiker vor Ort sollte man sich nach den Preisen erkundigen. „Es gibt Augenoptiker, die mit den Internet-Preisen mithalten können“, sagt Rütten.
Wer seine Brille im Internet bestellt, sollte auf die Rückgabekonditionen achten. Denn wenn individuell angefertigte Gläser in der Fassung sind, kann der Umtausch schwierig werden. In der Regel bieten die Online-Brillenhändler zwar an, dass man die Ware innerhalb von 30 Tagen ohne Angabe von Gründen zurückgeben kann. „Gesetzlich verpflichtet sind sie dazu nicht“, sagt Behrendt.