Jetzt oder nie? - Welche Rolle der Kaufzeitpunkt für Anleger spielt

Mannheim (dpa/tmn) - Billig kaufen und teuer verkaufen - auf diese Weise lässt sich ein Vermögen machen. Das gilt nicht nur für Geschäftsleute, sondern auch für Anleger. Doch wann ist der beste Zeitpunkt für den Kauf?

Und wann soll man wieder aussteigen?

Zwischen dem Tief und dem Hoch liegen mitunter Welten. Ein Beispiel: 7,98 Euro war der niedrigste Wert, zu dem die Aktie der Deutschen Telekom in den vergangenen 52 Monaten an der Börse gehandelt wurde. Der höchste Kurs lag bei 10,85 Euro. Oder Gold: Der Tiefststand lag für die Feinunze in den vergangenen 52 Monaten bei rund 1180 US-Dollar, der höchste bei 1723 Euro. Je nachdem, wann Anleger eingestiegen sind, konnten sie in beiden Fällen Gewinn oder Verlust machen.

Egal ob bei Aktien, Rentenpapieren oder Rohstoffen - bei diesen Anlageklassen schwanken die Kurse. Der Kaufzeitpunkt kann einen großen Einfluss auf die Rendite nehmen. „Ziel ist es ja immer, beim Kauf möglichst wenig zu zahlen und beim Verkauf möglichst viel zu bekommen“, erklärt Prof. Martin Weber von der Universität Mannheim.

Den besten Zeitpunkt zu erwischen, wird für immer mehr Anleger wichtig. Denn angesichts historisch niedriger Zinsen investieren viele Sparer ihr Geld inzwischen direkt in Aktien. So stieg die Gesamtzahl der Aktionäre laut dem Deutschen Aktieninstitut (DAI) im ersten Halbjahr 2013 um 323 000 oder 7,1 Prozent. Damit hielten insgesamt 4,9 Millionen Anleger beziehungsweise 7,5 Prozent der Bevölkerung Aktien als Direktanlage. Hinzu kommen die rund 6,5 Millionen Bundesbürger, die ihr Geld in Fonds investiert haben.

Der Zeitpunkt für einen Einstieg scheint derzeit auch gut. Denn seit Monaten bewegen sich die Kurse an den Börsen vor allem nach oben. Das Problem: „Die hohen Erwartungen müssen auch erfüllt werden“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz in Düsseldorf. Anleger sollten daher immer im Kopf behalten, dass die Kurse wieder nach unten gehen können. „Diese Schwankungen müssen sie aushalten können.“

Eine wichtige Frage dabei: Kann man die Auf- und Abwärtsbewegungen an Finanzmärkten zuverlässig abschätzen? Denn mit dem Wissen über zukünftige Wertentwicklungen verschiedener Anlageklassen ließe sich der optimale Zeitpunkt zur Anlage in Aktien, Renten, Bargeld oder sonstige Finanzprodukte bestimmen. „Man könnte den Markt sozusagen timen“, erklärt Prof. Weber.

Ansätze, die genau das versuchen, gibt es einige. Beispielsweise die Chartanalyse. Dabei wird versucht, aus dem Kursverlauf, dem Chart, eine Vorhersage für die Zukunft zu treffen. Oder die Fundamentalanalyse: Hier sollen fundamentale Daten etwa zum Wirtschaftswachstum oder zur Gewinnentwicklung der Unternehmen Aufschluss über künftige Kursgewinne oder -verluste geben.

Aber helfen diese Modelle Privatanlegern, eine höhere Rendite zu erzielen? Das ist eine Frage, mit der sich zahlreiche wissenschaftliche Studien befassen. Die ernüchternde Antwort: Sie helfen nicht. „Es gibt zwar durchaus immer wieder Phasen, in denen es gelingt“, erklärt Wirtschaftswissenschaftler Weber. „Aber es gibt eben auch Zeiten, in denen Anleger danebenlagen.“

Enttäuscht müssen Anleger jetzt aber nicht sein. Im Gegenteil: „Niemand kann die Marktentwicklung zuverlässig vorhersagen“, erklärt Weber. „Das ist beruhigend.“ Denn die Chance auf Gewinne haben somit alle Anleger, egal ob Profis oder Laien. „Der Zeitpunkt des Kaufs spielt nicht unbedingt die Hauptrolle“, erklärt auch Kurz. Ziel ist schließlich die langfristige Kursentwicklung. „Ich gehe ja immer davon aus, dass der Titel in drei oder vier Jahren mehr wert ist.“

Daher sollten Anleger bereit sein, langfristig zu investieren. Das gilt insbesondere derzeit. Experten erwarten, dass an den Börsen zumindest die Kurse nach dem Ende der lockeren Geldpolitik erstmal fallen werden. Wer mehrere Jahre investiert bleibt, kann solche Kursverluste aber in der Regel wieder ausgleichen.

Statt auf spezielle Strategien zu setzen, sollten Anleger ihr Geld besser gut verteilen. „Sie sollten breit diversifizieren“, sagt Weber. Gemeint ist damit, dass Anleger ihr Vermögen in verschiedene Anlageklassen stecken sollen: in Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Zinspapiere. Wer sein Geld so verteilt, verringert sein Risiko. Verluste der einen Anlageklasse können unter Umständen mit den Gewinnen in der anderen ausgeglichen werden.

Vor der Investition sollten Anleger sich das Unternehmen genau anschauen. „Es ist wichtig, dass Sie das Geschäftsmodell verstehen, um die Aussichten und Chancen der Firma einschätzen zu können“, sagt Kurz. „Wenn Sie dann noch auf Titel setzen, die eine Dividende ausschütten, haben Sie außerdem einen jährlichen Ertrag.“