Mediation: Besser schlichten statt richten

An immer mehr Zivilgerichten in Nordrhein-Westfalen arbeiten richterliche Mediatoren. Durch sie können Verfahren verkürzt und Prozesse vermieden werden.

Düsseldorf/Krefeld. Das Tischtuch zwischen Mutter und Tochter schien endgültig zerschnitten: Beide hatten sich gegenseitig vor einem Zivilgericht verklagt. Hintergrund: Über mehrere Jahre hatte die Mutter ihre längst volljährige Tochter mit insgesamt rund 40000 Euro unterstützt - nach ihrer Ansicht ein Darlehen, das sie nun zurückforderte.

Nach Ansicht ihrer Tochter war das Geld jedoch ein Geschenk, das sie keinesfalls zurückzahlen wollte und auf dessen Rückzahlung die Mutter auch keinen Rechtsanspruch habe. Ein langer Prozess mit umfangreichen Beweisanträgen beider Seiten drohte.

"Ein typischer Fall für eine richterliche Mediation", sagt Tim Buschfort, Richter am Krefelder Landgericht. Er ist einer von landesweit bereits mehr als 100 ausgebildeten Richter-Mediatoren, die nach den Vorstellungen von NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) künftig an immer mehr Gerichten arbeiten sollen. Auch am Landgericht Krefeld wurde bereits ein entsprechendes Pilotprojekt mit zwölf besonders ausgebildeten Zivil-Richtern gestartet.

Ziel der "alternativen Streitbeilegung" durch Richter-Mediatoren: Durch die besondere Gesprächsführung des Mediator-Richters sollen die Beteiligten eines Zivilverfahrens gemeinsam eine faire, selbstverantwortliche und für alle tragbare Lösung finden. Diese Lösung kann dann die Prozessdauer verkürzen und vermeidet oft sogar künftige Prozesse - eine sowohl für die Verfahrensbeteiligten als auch für die Justiz günstige Lösung.

Richter Buschfort: "In den Mediationsgesprächen geht es vor allem darum, dass die Beteiligten ihre ganz persönliche und subjektive Sicht der Dinge darlegen und es dadurch der Gegenseite ermöglicht wird, auch die Interessen der anderen Seite zu sehen. Denn oft geht es letztlich gar nicht um den eigentlichen Rechtsstreit, sondern um tieferliegende Gründe."

Buschfort vergleicht das Mediationsverfahren gerne mit dem hypothetischen Streit um eine Orange: "In einem normalen Gerichtsverfahren wird ein vor Gericht geschlossener Vergleich meist so aussehen, dass die Orange in der Mitte geteilt wird und jede Partei dann eine Hälfte bekommt.

Im Mediationsverfahren kommt aber möglicherweise heraus, dass die eine Seite nur den Saft der Orange haben will, die andere Seite aber nur die Schale, um daraus Marmelade zu machen - da können dann beide Seiten komplett zufriedengestellt werden."

Wie bei dem Rechtsstreit zwischen Mutter und Tochter. Bei der richterlichen Mediation kam nämlich heraus, dass es der Mutter eigentlich gar nicht um die Rückzahlung des Geldes ging, sondern darum, dass sie sich von ihrer Tochter vernachlässigt fühlte.

Die wiederum hatte sich von ihrer Mutter ständig gegängelt gefühlt. "Die Lösung war dann relativ einfach", sagt Buschfort. "Die Mutter verzichtete auf die Rückzahlung, und die Tochter versprach, sich künftig öfter um ihre Mutter zu kümmern." Dass der ursprüngliche Prozess nicht mehr weitergeführt wurde, versteht sich am Rande.