Plötzlich Erbe: Einen Schritt nach dem nächsten tun

München/Heidelberg (dpa/tmn) - Unverhofft kommt beim Erben nicht gerade oft. Aber ganz selten ist es auch nicht, dass jemand unerwartet Erbe wird. Neben einem Plus für das eigene Konto kann das eine Menge Arbeit bedeuten.

Kommt der Anruf vom Notar überraschend, steht an erster Stelle die Fragen: Das Erbe annehmen oder ausschlagen? Erben treten auch rechtlich an die Stelle des Erblassers - und das bringt auch Pflichten mit sich. Wenn ein Mensch gestorben ist, eröffnet das Nachlassgericht das Testament. In aller Regel ist das ein eher unspektakulärer Vorgang. „Das geschieht im stillen Kämmerlein und nicht etwa unter Anwesenheit der Beteiligten, wie man das vielleicht aus dem Fernsehen kennt“, sagt Jan Bittler, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge in Angelbachtal bei Heidelberg.

Mögliche Erben werden per Schreiben des Gerichts darüber informiert, dass sie im Testament genannt sind. Sechs Wochen beträgt nun die Frist für sie, um das Erbe auszuschlagen. Das ist natürlich immer dann sinnvoll, wenn hauptsächlich Schulden geerbt würden.

„Allerdings hat man nur wenig Möglichkeiten, sich vor Antritt des Erbes einen Überblick über das Vermögen und die möglichen Schulden zu verschaffen“, sagt Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht in München. Auskunftsrechte gegenüber Banken und anderen Stellen haben Betroffene erst dann, wenn sie einen Erbschein vorlegen können, erklärt Steiner: „Die Annahme einer Erbschaft ist daher oft ein Sprung ins Dunkel.“

Das Risiko ist allerdings überschaubar - selbst wenn der Erblasser nur Kreditschulden und überzogene Konten hinterlassen hat. „Der Erbe kann nämlich im Nachhinein eine Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz beantragen und somit erreichen, dass er nicht mit seinem eigenen Vermögen für die Schulden aus dem Erbe haftet“, erklärt Steiner.

Weil man aber als Erbe zunächst einmal Ansprechpartner für alle Behörden, Gerichte oder Gläubiger ist, kann einem eine solche Erbschaft viel Arbeit bereiten, gibt der Experte zu bedenken. „Daher sollte man sich vorher genau überlegen, ob einem diese Erbschaft möglicherweise nur Scherereien bringt.

Wer das Erbe nicht ausschlägt, kommt aber nicht etwa automatisch an sein Geld. Der Erbe muss sich in jedem Fall darum kümmern, wie Thomas Diehn von der Bundesnotarkammer in Berlin erklärt: „Liegt ein notariell beurkundetes Testament vor, in dem der Erbe namentlich genannt ist, kann man damit etwa gegenüber Banken und dem Grundbuchamt seinen Status als Erbe nachweisen.“

Ein Erbschein sei in diesem Fall nicht notwendig, erklärt Diehn: „In allen anderen Fällen, wenn also etwa nur ein handschriftliches Testament vorliegt oder die Erben nicht namentlich genannt sind, muss man einen Erbschein beantragen.“ Das kann sich nach Steiners Erfahrung dann zum Teil sehr lange hinziehen: „Je nach Bundesland benötigen die Gerichte zwischen sechs Wochen und sechs Monaten, bis der Erbschein ausgestellt wird. In der Zwischenzeit muss der Erbe alle Kosten vorschießen.“

Sie richten sich laut Thomas Diehn nach der Höhe des Erbes: „Bei einem Erbe von beispielsweise 50 000 Euro kostet die Ausstellung des Erbscheins insgesamt 264 Euro. Wer ein notarielles Testament hat, muss beim Nachlassgericht bei gleicher Höhe des Erbes lediglich eine Gebühr für die Testamentseröffnung von 66 Euro bezahlen.“

Aufgabe der Erben ist es auch, möglicherweise im Testament genannte Vermächtnisse des Erblassers zu erfüllen, fügt Bittler hinzu: „Wenn also beispielsweise im Testament steht, dass der Neffe 5000 Euro bekommen soll, dann ist es Aufgabe des Erben, das Geld auf Anforderung zu überweisen.“

Knifflig wird es immer dann, wenn Vermögen im Ausland vererbt wird. Steiner empfiehlt, sich in diesem Fall Rat von Experten zu holen: „Erbrechtsanwälte haben meist ein Netz an Korrespondenzanwälten in den wichtigsten Ländern. Für den Laien ist es kaum möglich, seine Ansprüche gegenüber den ausländischen Behörden geltend zu machen.“

Denn wenn ein Deutscher etwa ein Ferienhaus am Gardasee hinterlässt, kann man laut Steiner mit dem deutschen Erbschein nicht auf diese Immobilie zugreifen: „Hierfür muss man eine entsprechende Bescheinigung der italienischen Behörden beantragen.“ Wenn mehreren Erben ein Haus oder Grundstück vermacht wird, wird es oft noch ein bisschen komplizierter. Die Erben müssen sich in dem Fall „auseinandersetzen“, wie es im Juristen-Jargon heißt: „Das kann beispielsweise bedeuten, dass einer der Erben das Haus übernimmt und die anderen Erben auszahlt. Oder dass die Immobilie verkauft wird.“