Wenn es laut und dreckig wird: Streit um Lärm von der Baustelle
Berlin (dpa/tmn) - Bei Baulärm dürfen Betroffene die Miete mindern. Doch sie müssen auch einiges hinnehmen. Und auch für Vermieter kann eine benachbarte Baustelle zum Ärgernis werden.
Schon morgens um 7.00 Uhr rumort es im Treppenhaus. Ein Gerüst versperrt wochenlang den Blick aus dem Fenster. Und wo im Flur normalerweise die Kinderwagen stehen, lagern jetzt Baumaterialien. Wo gebaut wird, entstehen für Mieter oft erhebliche Beeinträchtigungen. Aber sie müssen sich Baulärm nicht klaglos gefallen lassen. Das gilt sogar, wenn er von Arbeiten außerhalb des eigenen Hauses verursacht wird.
Mit einer Minderung der monatlichen Mietzahlung können Mieter sich für Beeinträchtigungen durch Bauarbeiten entschädigen lassen. Grundsätzlich kommt eine Mietminderung immer dann infrage, wenn die Wohnung und dazu gehörende Gemeinschaftsflächen - etwa der Hausflur - nicht in gewohnter Weise benutzbar sind. „Dabei ist es nicht entscheidend, ob der eigene Vermieter für den Mangel verantwortlich ist“, erklärt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. „Eine Mietminderung ist berechtigt, wenn ein Mangel vorhanden ist, unabhängig vom Verursacher.“
Mieter müssen den Mangel dem Vermieter oder Verwalter lediglich schriftlich melden und ihn darauf hinweisen, dass sie die Miete mindern wollen. „Der Vermieter muss die Möglichkeit bekommen, den Mangel zu beheben.“
Ausgenommen von der Möglichkeit einer Mietminderung sind nur Fälle, die Mieter bei Einzug kannten oder „kennen mussten“, wie es laut Ropertz im Gesetz heißt. „Ich kann zum Beispiel nicht in die Einflugschneise des Flughafens ziehen und mich dann über Fluglärm beschweren - oder in ein Neubaugebiet und mich dann wundern, dass nebenan noch ein Haus gebaut wird.“
Inka-Marie Storm, Juristin beim Eigentümerverband Haus und Grund in Berlin, verweist auf ein Urteil des Landgerichts Berlin (Az.: 67 S 465/12), in dem festgehalten wurde: Wenn ein Haus einstöckig ist und die umstehenden Gebäude vier Stockwerke haben, müssten die Anwohner damit rechnen, dass eines Tages aufgestockt wird.
Doch auch für Vermieter sind Baustellen in der Nachbarschaft ein verzwickter Fall. „Wenn die Mietminderung berechtigt ist, muss der Vermieter das hinnehmen, auch wenn er nicht selbst für den Lärm verantwortlich ist“, sagt Storm. „Ihm bleibt nur die Möglichkeit, beim Verursacher einen Ausgleichsanspruch zu stellen.“
Ob ein Ausgleichsanspruch gerechtfertigt ist, bemessen Gerichte danach, ob die „Grenze der Zumutbarkeit“ für den Vermieter erreicht ist. Das sei der Fall, wenn das Grundstück „nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden“ könne - wenn der Eigentümer also finanziell derart geschädigt wird, dass er seine Wohnungen nicht mehr profitabel vermieten kann.
Eine Ausnahme gibt es bei der Mietminderung außerdem noch: die energetische Sanierung. „Ob das Haus eingerüstet wird oder es laut und dreckig wird: Bei einer energetischen Sanierung können Mieter die ersten drei Monate lang die Miete nicht mindern“, sagt Ropertz. So sieht es das Mietrechtsänderungsgesetz von 2013 vor.
Und was müssen Mieter tun, um einen Mangel im Zweifel vor Gericht auch belegen zu können? „Wenn der Vermieter die Handwerker bestellt hat, ist der Fall unstrittig“, sagt Ropertz. Geht es aber um Lärm aus der Nachbarschaft, sei es sinnvoll, ein Foto von der Baustelle zu machen und vor allem bei besonders lauten Beeinträchtigungen über einen kurzen Zeitraum ein Lärmprotokoll anzufertigen.
Keine pauschale Regel gibt es für die Höhe einer Mietminderung. Grundsätzlich begründen langwierige und laute Arbeiten eine stärkere Mietminderung. „Es geht um den Grad der Beeinträchtigung“, sagt Ropertz. So sind hohe Mietminderungen von beispielsweise 75 Prozent möglich, wenn die Wohnung durch die Arbeiten quasi unbewohnbar wird.