Ärzte kassieren Extra-Honorare für Patientenüberweisungen

Berlin (dpa) - Viele Ärzte kassieren Extra-Honorare dafür, Patienten an bestimmte Kliniken zu überweisen. Das berichtet „Bild.de“ unter Berufung auf eine Studie der Universität Halle-Wittenberg.

Die Unwissenden sind oft die Patienten.

Laut der repräsentativen Studie zahle nahezu jede vierte Klinik (24 Prozent) sogenannte Fangprämien für Patienten, heißt es in dem Bericht. Fast die Hälfte (46 Prozent) der nichtärztlichen Leistungserbringer wie Sanitätshäuser, Hörgeräte-Akustiker oder Orthopädie-Schuhmacher hätten zugegeben, schon Vorteile wie Geld, Kostenübernahme von Tagungen oder Sachleistungen erhalten zu haben.

Möchte ein Patient wissen, warum ein Arzt ihn in eine bestimmte Klinik schickt, sollte er nach dem „sachlichen Grund“ dafür fragen. „Dann kann der Arzt an der Wortwahl 'sachlicher Grund' entnehmen, dass ich auch nicht-sachliche Gründe für möglich halte“, rät Christoph Kranich, Gesundheitsexperte von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Kranich rät aber davon ab, sich nach solch einem Honorar zu erkundigen, „weil es immer das Vertrauensverhältnis zu dem Arzt belastet, wenn man danach fragt“. Der Arzt würde den Erhalt einer Prämie wohl auch nie bejahen. Denn grundsätzlich ist es illegal, sich an der Zuweisung von Patienten zu bereichern oder dafür Vorteile zu gewähren.

Auch die Frage nach dem sachlichen Grund kann Kranich zufolge schon ein „Misstrauensantrag“ sein. Ein Arzt werde sicherlich sachliche Gründe für die Klinikempfehlung nennen können, die auch zutreffen. Schlimm sei die Empfehlung aufgrund einer Prämie vor allem dann, wenn es eine Klinik oder ein anderer nachbehandelnder Arzt ist, der die Behandlung nicht so gut leisten kann. „Aber es ist für den Patienten auch im Nachhinein kaum nachzuweisen, dass eine andere Klinik das hätte besser machen können.“ Allenfalls in eklatanten Fällen gelinge das, etwa wenn die Überweisung in ein besser ausgestattetes Krankenhaus aus wirtschaftlichen Erwägungen der ersten Klinik unterbleiben und der Patient so nachhaltige Schäden erleidet.

Sich selbst eine Klinik suchen, ist ebenfalls kaum eine Alternative. „Man hat die Klinikwahl nur begrenzt. Die Klinik muss mit der Krankenkasse einen Vertrag haben, sie muss bereit sein, mich aufzunehmen“, erläuterte Kranich. „Das Gesundheitswesen wird nach wirtschaftlichen Gründen organisiert heutzutage. Keiner darf sich der Illusion hingeben, es ginge nur um die Medizin“, betonte der Experte.

Laut „Bild.de“ gab knapp ein Fünftel (19 Prozent) der befragten Ärzte an, das Verbot, sich an der Zuweisung von Patienten zu bereichern oder dafür Vorteile zu gewähren, nicht zu kennen. 40 Prozent hätten erklärt, dies nur als Handlungsempfehlung zu verstehen. Ein Großteil der Befragten halte das Risiko, entdeckt zu werden, für gering: 52 Prozent der Ärzte und 53 Prozent der nichtärztlichen Leistungserbringer hätten eingeräumt, sie seien sich mangelnder Kontrolle und der geringen Gefahr von Sanktionen bewusst.

Die Studie entstand im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes mit TMS Emnid Bielefeld. Mehr als 1100 niedergelassene Fachärzte, stationäre Einrichtungen und nichtärztliche Leistungserbringer wurden befragt.