Ärzte müssen Sehschwächen bei Kindern früh behandeln
Essen (dpa/tmn) - Hängt ein Kind beim Bilderbuchblättern mit der Nase nur Millimeter über den Seiten, sieht es wahrscheinlich schlecht. Solange der Sehfehler früh entdeckt wird, ist das aber kein Problem: Mit der passenden Therapie verschwindet er wieder.
Eltern sollten bei ihren Kindern noch im Vorschulalter einen Sehtest machen lassen. „Bis Kinder sechs oder sieben Jahre alt sind, können Sehschwächen aktiv verhindert werden“, sagt Joachim Esser von der Universitäts-Augenklinik Essen. Bis zu diesem Alter hat sich das Sehsystem noch nicht fertig entwickelt - solange kann die passende Therapie etwaige Sehfehler beheben. Manche Anzeichen geben Eltern schon vor einem Test Aufschluss darüber, ob ihr Kind eine Sehschwäche hat: „Wenn zum Beispiel ein Lid hängt oder das Kind schielt“, erklärt Esser.
Auch auf Fotos sind Sehschwächen manchmal erkennbar: „Wenn man mit Blitzlicht fotografiert und auf dem Foto nur ein Auge des Kindes typisch rot ist, das andere aber weißlich“, so Esser. Geht das Kind zu nah ans Bilderbuch oder steht direkt vorm TV-Bildschirm, sieht es wahrscheinlich mit beiden Augen schlechter. „Das ist relativ selten der Fall“ - und mit einer Brille oft schnell behoben. Tückisch wird es, wenn die Sehschwäche nur ein Auge betrifft, denn das bemerken Eltern - und das Kind selber - meist nicht. Dann hilft nur die Diagnose vom Arzt.
Eine Vorsorgeuntersuchung beim Augenarzt gibt es allerdings nicht. Stattdessen testet der Kinderarzt das Sehvermögen. „So gut es geht schon im ersten und zweiten Lebensjahr, ausführlicher bei der Vorsorgeuntersuchung U7a mit drei Jahren“, erklärt Esser. Insbesondere dann, wenn in der Familie Sehschwächen verbreitet sind, sollten Eltern zusätzlich nach einer Überweisung an den Augenarzt fragen. Diagnostiziert er eine Sehschwäche, können verschiedene Therapien folgen: „Ein Auge kann für ein paar Stunden täglich zugeklebt werden“, erläutert Esser. Denn ist das stärkere Auge zugeklebt, wird das andere gezwungen, besser sehen zu lernen.
Eine andere Therapiemöglichkeit ist die Brille. Schon für Babys gibt es die passenden Gestelle. „Sie müssen gut sitzen und dürfen nicht runterfliegen.“ Ein Band oder ein gebogener Bügel hinterm Ohr verhindern das. Babybrillen bestehen aus einem einzigen Stück Vollplastik, so können sie nur schwer kaputtgehen. Kontaktlinsen sind bei Kleinkindern unüblich. Sie werden nur in dem seltenen Fall eingesetzt, in dem einem Baby eine getrübte Linse operativ entfernt wurde.
Eltern können mit kleinen Tricks dazu beitragen, dass sich die Kinder an die Brille gewöhnen: Ein Stückchen Schokolade, eine halbe Stunde länger aufbleiben - Belohnungen funktionieren fast immer. Das Kind muss sich auch nicht möglichst schnell mit der Brille vertraut machen, sondern kann sie Tag für Tag ein bisschen länger tragen. „Wenn eine Bezugsperson eine Brille trägt, kann sich das auch positiv auswirken“, sagt Esser. Das Kind ahmt mit der Brille dann gerne das Vorbild nach.