Als Feta oder in Scheiben - Schafskäsesaison im Norden
Tetenbüll (dpa) - Die meisten der 350 000 Schafe im Norden Deutschlands werden zur Fleischerzeugung gehalten. Nur eine Handvoll Betriebe hat sich auf die Produktion von Käse spezialisiert. Ein Hof in Nordfriesland geht dabei besonders traditionell vor.
Monika und Redlef Volquardsen machen Käse, Schafskäse. Jedes Jahr verlassen rund 12 000 Käse-Laibe ihre kleine Manufaktur im nordfriesischen Tetenbüll. Es ist ein ganz besonderer Käse, erklärt Monika Volquardsen: Denn „unsere 130 Schafe sind für uns keine anonymen Milchlieferanten, sondern Teil unseres Lebens“. Daher dürfen die Lämmer bei ihren Müttern aufwachsen - „für einen Melkbetrieb absolut unüblich“, sagt die 43-Jährige.
„Schafmutter bedeutet nämlich nicht nur Milch, sondern auch Geborgenheit: In der Regel haben wir sehr mütterliche Schafe, die sich den ganzen Tag liebevoll um ihren Nachwuchs kümmern“, erzählt die Betriebsleiterin. Die Lämmer würden bis zu eineinhalb Monaten gesäugt, dann sind sie groß genug, um von dem normalen Futter leben zu können. „Die Muttertiere geben uns dann bis zum Herbst noch Milch“ - das sind im Schnitt pro Schaf während der Saison täglich eineinhalb Liter - insgesamt 25 000 Liter Milch pro Jahr. „Die komplette Milch, die uns die Lämmer gelassen haben, verarbeiten wir auf traditionelle Art zu Käse“, sagt die Betriebsleiterin.
Monika und Redlef Volquardsen müssen die frische Rohmilch der Schafe zunächst pasteurisieren: In einem Edelstahlbottich eine halbe Stunde auf 63 Grad erwärmen. Dann kommen Milchsäurebakterien dazu und Lab - ein Enzym, das aus dem Magen geschlachteter Wiederkäuer kommt. Das Lab macht die Milch dick, sie hat dann eine Konsistenz wie ein empfindlicher Wackelpudding. Die Masse wird mit einer sogenannten Käseharfe in kirschgroße Würfel zerschnitten, von der gelblichen Molke getrennt und in Formen geschöpft. Zum Teil mit verschiedenen Kräutern gewürzt, muss der Käse anschließend je nach Sorte mehrere Wochen im jahrhundertealten Gewölbekeller unter dem Bauernhaus „in aller Ruhe“ reifen. Dann ist jeder einzelne Liter Schafsmilch in 200 Gramm Feta-artigen Käse oder 150 Gramm Schnittkäse verwandelt.
Menschen haben nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern am Dresdner Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie schon vor 4000 Jahren in China Käse genossen, wie Käsebröckchen als Grabbeigabe einer mumifizierten Frauenleiche vermuten lassen. Anfangs machten unsere Vorfahren ihn nur aus der Milch von Ziegen und Schafen. Erst im neuzeitlichen Mitteleuropa wurde das Rind zum wichtigsten Milchtier und degradierte die Schafs- und Ziegenmilch zur „zweiten Wahl“. Dabei ist die Milch der Schafe gehaltvoller als Kuh- oder Ziegenmilch. Ihr Fettgehalt liegt bei sieben, der Eiweißgehalt bei fünf bis sechs Prozent. Auch die Mengen der Vitamine A, B1, B2 und B13 (Orotsäure) sind nach Angaben der Landwirtschaftskammer deutlich höher.
Bei aller Liebe zur traditionellen Käsezubereitung haben die Volquardsens ihre Rezepte den modernen Hygienevorschriften angepasst. So wird zum Beispiel der mit echtem Schafsmist geschmacklich angereicherte „Grünkäse“ in der Tetenbüller Manufaktur nicht mehr produziert. Für die 200 Jahre alte Spezialität wurden vier Kannen frischer Schafsmist in zehn Kannen heißer Milch aufgelöst und durch eine Leinwand gepresst. Die grüne Jauche goss man dann in die für den Käse vorgesehene Milch, bevor das Lab zum Gerinnen hineinkam. Wenn dieser Käse zwei Monate gereift war, hatte er eine „schöne gelb-grüne Farbe“ und schmeckte viel besser als normaler, weißer Käse, heißt es in einem alten Bericht.