Anzeichen für Multiple Sklerose richtig deuten
Bochum (dpa/tmn) - Schleiersehen oder schwaches Bein: Diese Symptome können Anzeichen der Nervenerkrankung Multiple Sklerose (MS) sein. Prof. Ralf Gold von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie klärt anlässlich des Welt-MS-Tags am 25. Mai über die Krankheit auf.
Wer plötzlich einen Schleier vor Augen hat, geht meist zum Augenarzt. Und wer den Eindruck hat, sein Bein ist auf einmal schwach und macht nicht so ganz das, was es soll, sucht in der Regel einen Orthopäden auf. Doch diese Symptome können - wie auch ein taubes Gefühl in Arm oder Bein - auch ein Fall für den Neurologen sein. Denn sie sind auch erste Anzeichen der Nervenerkrankung Multiple Sklerose (MS), wie Prof. Ralf Gold von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erläuterte.
MS ist eine chronisch-entzündlich Erkrankung des Nervensystems und wird meistens zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr diagnostiziert. Betroffene Nerven - etwa der Sehnerv - fallen dabei zeitweise aus und verursachen Symptome, die auch andere Krankheiten vermuten lassen. „MS kann im Prinzip jeden Bestandteil des Hirns befallen, es kann alles ausfallen“, sagte der an Ruhr-Universität Bochum tätige MS-Forscher und Mediziner. Daher hat die bislang nicht heilbare Krankheit sehr viele unterschiedliche Gesichter.
Unter den Erstsymptomen seien aber bei 40 Prozent der Betroffenen Sehstörungen, die bis zum völligen Sehverlust führen können. In letzterem Fall werde MS meist rasch diagnostiziert, weil das Problem am Sehnerv liegt. Weitere 30 Prozent der Patienten haben motorische Probleme, etwa beim Gehen. Von Bandscheibenproblemen unterscheide sich MS allerdings, dass die Beschwerden nicht mit Schmerzen einhergehen. Ein gut geschulter Orthopäde mache einige Reflexuntersuchungen und verweise dann an einen Neurologen.
Die restlichen 30 Prozent der Betroffenen klagen anfangs auch über ein taubes Gefühl in einzelnen Gliedmaßen - wie eingeschlafen oder geschwollen sei der Arm oder das Bein. „Je älter der Patient, desto eher wird erst einmal an einen Schlaganfall gedacht“, sagte Gold. Mittels einer Kernspintomografie des Kopfes lasse sich aber sehr gut unterscheiden zwischen einer Durchblutungsstörung in den Arterien - wie bei einem Schlaganfall - und MS-Entzündungsherden in den Venen, durch die das Blut langsamer fließt.
Im Durchschnitt dauert es drei bis vier Jahre bis zur Diagnose. Denn die ersten MS-Symptome sind sehr mild und klingen oft von selbst wieder ab. „Die spontane Rückbildungsbildungsmöglichkeit führt dazu, dass die Diagnose nicht fortgeführt wird“, erläuterte Gold. Hinzu komme, dass beim zweiten Mal andere Symptome auftreten können. Nicht jeder Arzt bringe die neuen mit den alten Symptomen in Verbindung. Neurologen wüssten allerdings, was sie gezielt abfragen müssen, um MS auf die Spur zu kommen.