Essstörungen: Keine Chance für kranke Vorbilder
Mehr als 600000 junge Frauen leiden an Magersucht oder Bulimie. Werbung und Mode sorgen für ein falsches Schönheitsideal.
Düsseldorf. Die Zahlen sind erschreckend: 60 Prozent aller Jugendlichen sind nicht mit ihrem Körper zufrieden und haben schon einmal über eine Diät nachgedacht. Jedes fünfte Kind in Deutschland im Alter von elf bis 17 Jahren weist mittlerweile Symptome einer Essstörung auf. Und 600000 leiden akut an Magersucht oder Bulimie.
Meist haben die Mädchen, Jungen erkranken eher selten an Essstörungen, ein zu geringes Selbstwertgefühl und eifern einem irrealen Schlankheitsideal nach. Dieses finden sie in der Werbung und der Mode. Für sie gilt, nur wer schlank ist, hat Erfolg. Um dem entgegen zu wirken, hat die Bundesregierung jetzt die Kampagne "Leben hat Gewicht - gemeinsam gegen den Schlankheitswahn" gestartet. "Wir wollen, dass die Jugendlichen wieder realistische Vorbilder haben", erläutert Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Aus diesem Grund habe man sich im Rahmen der Igedo Fashion Fairs mit den Verantwortlichen der Modebranche zusammengesetzt und einen Aktionsplan erarbeitet.
"Unser Ziel ist es, bis zur kommenden Igedo, sprich in einem halben Jahr, eine Art Verhaltenscodex zu erarbeiten, eine Selbstverpflichtung", so Igedo-Geschäftsführer Frank Hartmann. Aber im Vergleich zu anderen Ländern würden sowieso meist Models mit den Größen 34, 36 und 38 verpflichtet. "Wir wünschen uns Models auf dem Laufsteg, die nicht krank aussehen", so Schmidt. Die Regierung könne den Verbänden aber nichts vorschreiben und hoffe deshalb auf die Selbstverpflichtung.
Die Bundesregierung selbst hat Modellprojekte ins Leben gerufen. Deren Ziel ist es, die Selbsthilfepotentiale der Betroffenen zu förden. Zudem wird die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die verschiedenen Beratungseinrichtungen bewerten. Die Daten stehen Ende diesen Jahres im Internet zur Verfügung. Mit mehr als sieben Millionen Euro werden Forschungsprojekte zum Thema Essstörungen unterstützt. Auch in vielen Ganztagsschulen und Kindergärten gibt es schon Aufklärungsprojekte, die noch ausgeweitet werden. "Es ist wichtig, dass wir das Selbstwertgefühl der Kinder stärken", so Schmidt. Zudem soll die Gesellschaft sensibilisiert werden. Wer beispielsweise Werbungen findet, die den Schlankheitswahn fördern, kann sich an folgende Internetseite wenden.
Entstehung Essstörungen haben eine Vielzahl von Ursachen. Die Propagierung von extremer Schlankheit als gesellschaftliches Schönheitsideal, wie es in der Werbebranche vorgelebt wird, und die Gleichsetzung mit Leistung, Erfolg und Anerkennung und Attraktivität gehören wesentlich dazu. Auslöser können aber auch ein überfürsorglicher Erziehungsstil und familiäre Disharmonie sein.
Behandlung Da es sich bei Essstörungen um eine psychische Krankheit handelt, ist es wichtig, dass der Betroffene therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt. Bei Magersüchtigen, die bereits ein lebensbedrohliches Untergewicht erreicht haben, ist zunächst ein stationärer Aufenthalt notwendig.
Todesfälle Etwa fünf bis 15 Prozent der an Magersucht erkrankten sterben. Todesursache ist hierbei jedoch meist nicht das Verhungern, sondern eine Infektion, gegen die der Körper nicht mehr ankämpfen kann. BulimiKranke schädigen ihren Körper (Säureschädigung der Zähne und der Schleimhäute und die Speiseröhre wird angegriffen).