Forscher weisen nach: Zika löst Schädelfehlbildung aus
Washington/Rio de Janeiro (dpa) - Zika-Viren verursachen eindeutig die Schädelfehlbildung Mikrozephalie bei Ungeborenen. Diesen Schluss hat die US-Gesundheitsbehörde CDC aus diversen Studien gezogen.
Der Zusammenhang war seit Monaten vermutet worden, einen Beweis gab es aber bislang nicht.
Das tropische Virus hat sich in den vergangenen Monaten rasend schnell vor allem in Lateinamerika ausgebreitet. Mikrozephalie führt häufig zu Entwicklungsverzögerungen und geistigen Beeinträchtigungen. Die Babys infizierter Frauen kommen mit einem zu kleinen Kopf auf die Welt.
Erst am Dienstag hatte die CDC (Centers for Disease Control and Prevention) in Washington erklärt, das Virus sei viel gefährlicher als bislang angenommen. So verursache der Zika-Erreger während der gesamten Schwangerschaft Probleme - und nicht nur wie zunächst angenommen im ersten Trimester.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) wurden seit dem Ausbruch in Lateinamerika bisher 37 Infektionen bei Reisenden aus Deutschland bekannt. „Nach unserer Kenntnis ist keine Schwangere darunter“, sagte RKI-Pressesprecherin Susanne Glasmacher am Donnerstag in Berlin. Die tatsächliche Zahl der Ansteckungen könne allerdings höher liegen. Die meisten Infizierten erkranken gar nicht oder haben grippeähnliche Symptome. Für Babys ist das Virus aber gefährlich.
Die Ergebnisse der CDC-Forscher wurden im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Der Bericht beschreibt, dass es nicht den einen Beweis für den Zusammenhang gebe, sondern vielmehr eine Kette aus Beweisen verschiedener Studien sowie große Untersuchungen dazu geführt hätten. Weitere Forschungen seien trotzdem dringend nötig.
Schwangere sollten möglichst nicht in Gegenden mit Zika reisen. Wenn sie in einem Zika-Gebiet sind, sollten sie Moskitostichen unbedingt vorbeugen. Außerdem, so die CDC, sollten alle Paare in Zika-Gebieten eine sexuelle Übertragung mit geeigneten Mitteln verhindern.
CDC-Direktor Tom Frieden sprach nun in den USA von einem Wendepunkt im Kampf gegen das Zika-Virus. Es blieben dennoch viele Fragen offen. Vor allem: Wie häufig löst eine Ansteckung mit dem Virus Mikrozephalie aus? Die US-Experten wiesen darauf hin, dass auch der Nachweis nicht bedeute, dass jede einzelne Zika-Infektion Ungeborenen tatsächlich schade. Frieden betonte: „Wie man während des jüngsten Ausbruchs von Zika sehen konnte, haben einige infizierte Frauen Kinder zur Welt gebracht, die gesund zu sein scheinen.“
Brasilien ist bisher mit Abstand am stärksten betroffen vom Zika-Virus, das in rund 50 Ländern aufgetaucht ist. Die Zahl der Infektionen wird allein dort auf über eine Million geschätzt. Die Zahl der bestätigten Mikrozephalie-Fälle ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums auf 1113 gestiegen, in 189 Fällen konnte das Virus bei den Müttern nachgewiesen werden. Auch brasilianische Forscher hatten zuletzt Alarm geschlagen, dass der Erreger gefährlicher als vermutet sein könnte.
So sagte der Zika-Forscher Stevens Rehen vom Instituto D’Or der Deutschen Presse-Agentur in Rio de Janeiro, es könne nicht nur vor sondern auch nach der Geburt Effekte durch Zika geben. So könne durch die Schädigung von Nervenzellen Hör- und Sehverlust eintreten. Er verwies auch auf den auffälligen Anstieg des Guillain-Barré-Syndroms (GBS) in der Region. Die Lähmungskrankheit kann zum Tod führen.
Hauptüberträger des Virus ist die Gelbfiebermücke Aedes aegypti. Die Art, die auch Dengue überträgt, ist auf 80 Prozent der Landesfläche Brasiliens aktiv, Zehntausende Soldaten beteiligen sich an der Eliminierung von Brutplätzen. Bisher gibt es keinen Impfstoff.
Die Organisatoren der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (5.-21. August) betonen, die Moskitos seien im südamerikanischen Winter kaum aktiv und die Zika-Gefahr daher gering. Bisher verläuft der Ticketverkauf insgesamt sehr schleppend - befürchtet wird, dass vor allem weniger Touristen aus dem Ausland kommen könnten.
Im Bundesstaat Rio de Janeiro gibt es seit Beginn der systematischen Erfassung im Oktober 35 bestätigte Fälle von Schädelfehlbildungen - als Definition hierfür gilt ein Kopfumfang von höchstens 32 Zentimetern.