Kieferprobleme durch Krebsmedikamente möglich

Erfurt (dpa) - Krebsmedikamente zur Behandlung von Knochenmetastasen können den Kieferknochen zerstören. Das sagt der Erfurter Kieferchirurg Hans Pistner. Deshalb rät er Brustkrebspatientinnen, vor einer Therapie einen Zahnmediziner aufzusuchen.

Bei der Therapie mit sogenannten Bisphosphonaten seien nach unterschiedlichen Studien allein bis zu elf Prozent der Brustkrebspatientinnen von dieser Nebenwirkung betroffen, sagte der Chefarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Helios Klinikum Erfurt. „Um das Risiko zu verringern, sollten sich die Patientinnen deshalb vor Beginn einer Bisphosphonat-Therapie unbedingt einem zahnmedizinisch kompetenten Chirurgen vorstellen.“

Wie Pistner erläuterte, blockieren die Wirkstoffe von Bisphosphonat-Präparaten den natürlichen Knochenumbauprozess. „Sie stoppen vor allem die Aktivitäten der natürlichen Knochenfresszellen, was für die Bekämpfung von Knochenmetastasen bei Krebs wichtig ist.“ Dabei seien sie meist sehr wirkungsvoll. Als Nebenwirkung könnten die Präparate allerdings zu Knochenabbau im Mundkiefer führen, was Zahnverlust, Knochenentzündungen und die Zerstörung des Kiefers zur Folge haben könne.

Vor allem bei Brust- und Prostatakrebs, aber auch beim Plasmozytom, einer Form des Blutkrebses, bilden sich häufig Tochtergeschwülste in den Knochen. Auf eine Bisphosphonat-Therapie sollten Krebspatienten trotz der Nebenwirkungen nicht verzichten, sagte der Mediziner. „Vorher sollten aber die Zähne saniert und chronische Entzündungsherde im Mund- und Kieferbereich eliminiert werden.“ Dazu gehöre das Entfernen von schadhaften Zähnen oder von Zahnwurzelresten. Krebspatienten rät der Experte zudem vom Setzen von Zahnimplantaten und vom Zahnziehen während einer Bisphosphonat-Therapie grundsätzlich ab.

Außer in der Krebstherapie werden Bisphosphonate auch bei der Behandlung von Osteoporose (Knochenschwund) eingesetzt. Dort komme es aber seltener als bei Krebskranken zu Kieferproblemen, sagte der Mediziner. Dies könne mit den unterschiedlichen Dosierungen, aber auch mit dem ohnehin geschwächten Immunsystem von Krebskranken zusammenhängen.

Zahnprobleme durch Bisphosphonate werden in der Medizin seit etwa 15 Jahren und verstärkt seit sieben Jahren beobachtet. Inzwischen spiele die Problematik auch in der Weiterbildung von Ärzten und Zahnärzten eine größere Rolle, schätzte Pistner ein. Seit etwa fünf Jahren gilt für den Einsatz von Bisphosphonaten eine Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Gesichts- und Kieferchirurgie.