Klassiker auf Dessertkarten - Crème Caramel ist ein Welterfolg
Berlin (dpa/tmn) - Flüssiger Karamell auf gestockter Eiercreme: Die Crème Caramel ist schnell gemacht, lässt sich gut vorbereiten und passt als Dessert zu jedem Essen. Trotzdem ist sie ein bisschen in Vergessenheit geraten.
Makellos glatt, fest und glänzend ruht sie auf dem Teller, umhüllt von schimmerndem, dickflüssigem Karamell. Die perfekte Hülle hält, was sie verspricht: Der Löffel gleitet mühelos durch die stichfeste Konsistenz der Creme, die leichte Karamellnote steigt mit einem Hauch herb-bitterer Süße in die Nase. Glatt, frisch und kühl, mit zarten Vanillenoten, gleitet die Eierspeise den Gaumen entlang. Voilà: „Das ist die klassische Crème Caramel“, erklärt Thomas Gläser, frisch gekürter Patissier des Jahres 2013.
Ihr voller Name lautet Crème renversée au Caramel. „Für mich ist sie der perfekte Abschluss eines großen, warmen französischen Menüs“, schwärmt die Kochbuchexpertin Katharina Höhnk. Doch genau daran scheiden sich die Geister. Zwar ist die Crème Caramel zweifelsohne eines der berühmtesten Desserts französischer Herkunft. „Auf der ganzen Welt haben die Menschen bei der Crème Caramel eine ähnliche Speise vor Augen“, sagt Höhnk, Herausgeberin eines Kochbuchportals. In bodenständigen, bürgerlichen Restaurants ist sie deshalb ein gern angebotener „grundharmonischer“ Nachtisch, wie Daniel Schade sagt. „Wegen der wenigen Säure passt sie eigentlich zu allen Gerichten“, erklärt der Vorsitzende des Verbands der Hauptstadtköche.
In der gehobenen Küche spielt sie dagegen keine Rolle mehr: „Zu einfach, damit kann man niemanden mehr beeindrucken“, findet Gläser. In den 1970er und 1980er Jahren sei das noch ganz anders gewesen, da hätten die Sterneköche ihre Menüs häufiger mit dem französischen Klassiker abgeschlossen und ihn so in Deutschland bekanntgemacht.
Im Restaurant Facil in Berlin, wo Gläser mit seinen Dessertkompositionen wahre Stillleben zaubert, wird man diesen Nachtisch nicht finden. Doch für die Familie bereitet der Patissier sie immer wieder zu: „Sie ist so leicht und einfach vorzubereiten, ideal fürs Homecooking“. Ähnlich sieht das die französische Foodbloggerin Aurelie Bastian: In ihrem Mutterland werde die Crème Caramel vor allem zu Hause gegessen. „In Frankreich gibt es in Restaurants eher die Crème Brulée.“ Die Crème Caramel dagegen sei ein typisches Familiengericht: „Das macht die Mama nachmittags für die Kinder, die lieben das.“ Dann gerne auch mal auf Vorrat: Im Kühlschrank halte sie zwei, drei Tage.
In der Tat ist die Zubereitung der Crème Caramel fast so einfach wie ein Vanillepudding. Zwar sind viele Hobbyköche, was die Zubereitung des flüssigen Karamells angeht, laut Höhnk geradezu angstbesessen. Verbrannte Karamellschichten in ruinierten Töpfen lassen sich aber vermeiden: „Wenn man Wasser zugibt, karamellisiert der Zucker sehr gleichmäßig und gibt keine Klümpchen“, erklärt Gläser. Trotzdem muss man aufpassen, denn wenn der Zucker zu lange in der Pfanne bleibt, wird er bitter und verbrennt. Daher sind bei der Zubereitung vor allem Augen und Nase gefragt: „Wenn es komisch riecht, kann man's eigentlich schon wegschmeißen.“
Sobald der flüssige Zucker eine bernsteinfarbene Tönung hat, wird er in kleine Dessertschalen gefüllt. Ganz wichtig: „Der Karamell muss erst wieder fest geworden sein, bevor die flüssige warme Crème daraufgegossen wird, sonst verbinden sich die beiden Konsistenzen und man hat am Ende keine Karamellsoße mehr.“ Die Förmchen schmiert der Patissier übrigens vorher mit etwas Butter ein. „Dann lassen sich die Crèmes leichter stürzen.“
Der Rest ist schnell gemacht: Milch, Sahne und Zucker werden erwärmt und schaumig gerührt. Dazu kommen Eier und das Mark einer Vanilleschote. „Die Milch darf nicht zu warm sein, sonst stocken die Eier“, erläutert Gläser. Schon wenige Temperaturgrade können da entscheidend sein. Die flüssige Crème wird in die vorbereiteten Portionsschälchen gefüllt, in ein Wasserbad gestellt — dazu reicht ein tiefes Backblech - und in den Ofen geschoben. Durch die Hitze im Ofen stockt die Eiermasse zur stichfesten Creme, der Karamell wird wieder flüssig, so dass er beim Stürzen den Flan dickflüssig umhüllt.
Dieser für die Crème Caramel typische Karamellspiegel ist auch der entscheidende Unterschied zur Crème Brulée, die ihre knusprige Hülle durch das kurze heiße Brennen der dünnen Zuckerschicht erhält. Die Crème dagegen ist fast identisch — und beruht wie die Crema Catalana, die Englische Creme oder der Flan auf demselben klassischen Grundrezept, erläutert Verbandskoch Schade.
Wem die klassische Variante der Crème Caramel zu schlicht ist, kann das Grundrezept abwandeln, mit Kaffee oder Gewürzen etwa. „Vanille, Zimt, Kardamom, was gerade gefällt. Einfach in der Sahne ziehen lassen“, empfiehlt Gläser. Dazu passen gut frische Beeren oder ein Rhabarberkompott. Einen besonderen Tipp hat auch die Französin Bastian: „Ein bisschen Fleur de sel in der Crème hebt den Geschmack von Karamell mehr hervor und ist sehr en vogue.“