Neues Bio-Logo der EU ist kleinster gemeinsamer Nenner
Berlin (dpa/tmn) - Für Verbraucher soll die Orientierung bei verpackten Bio-Lebensmitteln einfacher werden: Ab 1. Juli müssen solche Produkte das neue EU-Bio-Logo tragen. Dieses steht jedoch nur für einen Mindeststandard, andere Kennzeichnungen sind deutlich strenger.
Beim neuen EU-Logo handelt es sich um ein aus weißen Sternen geformtes Blatt auf grünem Grund. In direkter Nähe des Emblems sind ein Kontrollcode sowie der Herkunftsort der Rohstoffe angegeben. Unterschieden wird zwischen EU-Quellen, Nicht-EU-Quellen und einer Mischvariante. Das so ausgezeichnete Lebensmittel erfülle die Basisbedingungen für Bioprodukte gemäß der EG-Öko-Verordnung, erläutert Alexandra Borchard-Becker, Ökotrophologin bei der Verbraucher Initiative in Berlin. „Es ist der kleinste gemeinsame Nenner.“
Käufer von verpackten Lebensmitteln wie Bio-Brot, Bio-Marmelade oder Bio-Gemüsesuppe sollen die Garantie haben, dass die Produkte auf Basis geltender EU-Verordnungen (EC 889/2008, EU 271/2010) offiziell als solche eingestuft werden dürfen. Ziel ist es, damit das Vertrauen in die Qualität zu stärken. Die Verbraucherorganisation Foodwatch sieht das insgesamt positiv: „Es ist gut, dass es für Bioprodukte ein verpflichtendes Siegel gibt“, sagt Sprecherin Christiane Groß. „Nur staatliche Gütesiegel, für die der Gesetzgeber Kriterien vorschreibt, sind für Verbraucher eine verlässliche Orientierung beim Einkauf.“
Mindestens 95 Prozent der Inhaltsstoffe eines Bioprodukts müssen aus zertifiziertem Ökolandbau stammen. Höchstens 5 Prozent dürfen dagegen aus konventioneller Landwirtschaft kommen. Aus Sicht des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) war eine rechtliche Festlegung solcher Standards nicht unbedingt nötig - auch wenn das mögliche Plus an Transparenz auf Zustimmung stößt. „Man kann sich darüber streiten, ob man ein obligatorisches Logo will. Wir hatten uns für ein freiwilliges ausgesprochen“, erklärt BLL-Rechtsexperte Marcus Girnau. „Aber nun sind gewisse Mindestanforderungen erfüllt.“
Zusätzlich zum EU-Bio-Logo können Lebensmittel mit dem staatlichen deutschen Biosiegel gekennzeichnet werden. Das weiße Sechseck hat einen grünen Rand und trägt den Schriftzug „Bio nach EG-Öko-Verordnung“. Die Ware entspricht also denselben Mindeststandards wie solche mit EU-Logo. Ab August darf außerdem auch Biowein das EU-Gemeinschaftslogo tragen. Damit werde nicht nur der ökologische Anbau der Trauben sichergestellt, sagt Borchard-Becker. „Auch die Verarbeitung im Weinkeller erfolgt dann nach ökologischen Kriterien.“
Große Einzelhandelsketten bieten darüber hinaus Bioprodukte mit selbstvergebenen Siegeln an. „Die orientieren sich meist auch an der EG-Öko-Verordnung, es gibt aber auch einige, die darüber hinausgehen“, sagt Borchard-Becker. Solche Lebensmittel tragen dann meist auch noch das Logo eines Erzeugerverbandes.
Wer also Lebensmittel haben möchte, die mehr als nur die Mindestanforderungen der Verordnung erfüllen, muss wie bisher auch nach anderen Kennzeichen Ausschau halten. Spezialisierte Anbauverbände wie Demeter, Bioland, Naturland oder Gäa vergeben Siegel für Ware, die nicht nur gemäß der EG-Öko-Verordnung, sondern auch nach verbandseigenen, strengeren Richtlinien erzeugt wird, erläutert Borchard-Becker.
Solche Erzeuger haben sich den Grundsätzen der ökologischen Landwirtschaft verpflichtet, zu denen zum Beispiel der Verzicht auf chemisch-synthetische Düngemittel oder auf die vorbeugende Anwendung von Tierarzneimitteln gehört. Genauere Informationen über die verschiedenen Siegel gibt es auf einer Internetseite der Verbraucher Initiative: In der Label-Suchmaschine werden alle gängigen Siegel - nicht nur für Lebensmittel - ausführlich erläutert und hinsichtlich ihres Informationsgehalt bewertet.
Verbraucherschützer sehen beim neuen EU-Siegel noch Nachbesserungsbedarf. Foodwatch kritisiert, dass die Verbraucher trotz des Bekenntnisses zu mehr Transparenz bei vielen Produkten getäuscht werden können. „Mit dem Bio-Siegel verkauft werden etwa Limonaden, in denen kein Tropfen Fruchtsaft steckt, sondern der Geschmack mit Aromastoffen aus Papierabfällen und Schimmelpilzen erzeugt wird“, moniert Foodwatch-Sprecherin Groß. „EU-Biosiegel hin oder her: Die europäische Politik muss Lücken der Öko-Verordnung schließen und dafür sorgen, dass Bio ehrlicher wird.“ Die Erzeuger mahnen dagegen an, das Logo mit öffentlichen Kampagnen bekanntzumachen.