„Pille danach“: Je schneller, desto besser

Berlin (dpa) - Viele Frauen kennen die Notlage: Sie hatten Sex - freiwillig oder erzwungen - und brauchen nun dringend die „Pille danach“. Aber wie kommen sie so schnell wie möglich an das Medikament?

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Berlin (dpa) - Viele Frauen kennen die Notlage: Sie hatten Sex - freiwillig oder erzwungen - und brauchen nun dringend die „Pille danach“. Aber wie kommen sie so schnell wie möglich an das Medikament?

Die 25 Jahre alte Frau in Köln ist vermutlich betäubt und vergewaltigt worden. Eine Ärztin schickt sie mit einem Rezept für die „Pille danach“ in ein katholisches Krankenhaus nebenan. Dort wird ihr aber das Medikament für den Notfall verweigert. Die Klinik entschuldigt sich später. Dies ist sicherlich eine Extremsituation, in die eine Frau geraten kann, wenn sie eine ungewollte Schwangerschaft im Nachhinein verhindern will.

Doch in Deutschland sind die Hürden, um an die „Pille danach“ zu kommen, relativ hoch. Frauen bekommen sie nur auf Rezept - unter 20-Jährige kostenlos, ältere bezahlen den vollen Preis, wie bei der Pille. Ein Arzt muss sie also verschreiben - am besten nach einem Beratungsgespräch. Das kann sich durchaus etwas schwierig gestalten. Am Wochenende oder in der Nacht könnten Frauen nur ärztliche Notdienste oder Notfallambulanzen anlaufen, wenn sie befürchten, dass sie ungewollt schwanger werden könnten.

Nach Erfahrungen von Pro Familia kann es nun durchaus vorkommen, dass diese Frauen beim ärztlichen Notdienst oder auch im Krankenhaus weitergeschickt werden, weil niemand da ist, der sich zuständig fühlt. Viele Frauen bekämen in solchen Fällen oft auch nur das Rezept in die Hand gedrückt, ohne großartig beraten worden zu sein.

Eile tut in dieser Situation durchaus Not. Auch wenn Notfallverhütungsmittel mit dem Wirkstoff Ulipristal oder Ulipristalacetat (UPA) bis zu 120 Stunden nach ungeschütztem Sex oder Versagen anderer Verhütungsmittel möglich sind. „Die Wirkung der "Pille danach" ist umso sicherer, je früher sie im Notfall eingenommen wird“, erläutert die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). „Ohne Rezeptpflicht könnten wir unseren Patientinnen noch schneller weiterhelfen.“ Apotheken sind am Wochenende oder in der Nacht im Zweifel leichter und schneller zu erreichen als Krankenhäuser oder Notfallambulanzen.

In 28 europäischen Ländern gibt es - anders als in Deutschland - bereits eine „Pille danach“ ohne Rezept, ein Präparat mit Levonorgestrel, betont Pro Familia. Doch auch wenn der Druck vonseiten des Koalitionspartners SPD zunahm, die Union und ihr Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wollten sich zunächst nicht bewegen. Erst als aus Brüssel ein deutlicher Wink kam, schwenkte Gröhe ein. Der EU-Arzneimittelausschusses erklärte, das Präparat mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat (ellaOne) könne ohne Rezept in ganz Europa eingesetzt werden.

Gröhe argumentiert nun, dass „eine intensive Beratung auch in Apotheken der richtige Weg“ sei. Er wolle Frauenärzte, Apotheken und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einladen, gemeinsam Kriterien für eine gute Beratung zu entwickeln.

Die SPD-Gesundheitspolitikerin Martina Stamm-Fibich forderte Gröhe auf, „nicht nur Pillen mit dem Wirkstoff Ulipristal freizugeben, sondern auch die mit dem Wirkstoff Levonorgestrel. Präparate mit Levonorgestrel sind erheblich preiswerter und außerdem viel besser erforscht.

Die ABDA reagierte auf Gröhes Kurswechsel: „Selbstverständlich beraten wir die Patientinnen auch bei rezeptfreien Notfallverhütungsmitteln so, dass eine größtmögliche Arzneimittelsicherheit gewährleistet ist. Die Apotheker übernehmen Verantwortung dafür, dass Medikamente nicht missbräuchlich angewendet werden.“

Beim Stichwort missbräuchlich kommt Gröhes Fraktionskollege Jens Spahn ins Spiel. Dieser sagt: „Die Pille danach ist ein Arzneimittel mit teilweise gravierenden Nebenwirkungen. Dass wir Minderjährige vor Missbrauch schützen, halte ich für legitim.“ Nach den Erfahrungen von Pro Familia sind die Nebenwirkungen der „Pille danach“ überschaubar: meistens Kopf- oder Bauchschmerzen.