Schmerzen beim Tennis-Aufschlag - Kalkschulter wird oft spät erkannt
Heidelberg (dpa/tmn) - Schmerzen in der Schulter bei den kleinsten Bewegungen - dahinter können Kalkablagerungen im Gewebe rund um das Gelenk stecken. In den meisten Fällen lassen sich solche Beschwerden gut ohne Operation behandeln.
Den Pullover über den Kopf ziehen - das kann für Patienten mit einer Kalkschulter zur Qual werden. Ihre Leidenspalette reicht von gelegentlichen Schmerzen bei ganz bestimmten Bewegungen über Schmerz in Ruhe und schlaflose Nächte bis zu heftigen Schmerzattacken. Rechtzeitig erkannt, lässt sich eine Kalkschulter jedoch einfach und wirkungsvoll behandeln.
Das Schultergelenk ist eines der kompliziertesten Körperteile des Menschen. Es wird von zahlreichen Muskeln und ihren Sehnenansätzen geführt und stabilisiert. Um die vielfältige Beweglichkeit des Gelenks zu ermöglichen, benötigen sie Platz. Der ist aber nur sehr begrenzt vorhanden, vor allem an der sogenannten Rotatorenmanschette. „Diese Muskelgruppe verläuft ziemlich eng zwischen zwei knöchernen Strukturen, dem Schulterdach und dem Oberarmknochenkopf, und wird dadurch bei vielen Bewegungen eingeklemmt“, erklärt Prof. Markus Loew, Facharzt für Orthopädie an der Atos-Klinik in Heidelberg. Die Enge könne die Durchblutung behindern, wodurch sich Kalk ablagere. Dieser könne zu Schmerzen führen und die Bewegung beeinträchtigen.
Betroffene spüren etwa bei Über-Kopf-Arbeiten oder beim Tennis-Aufschlag einen stechenden Schmerz. Mancher Patient versucht, seine Beschwerden mit einem entzündungshemmenden und schmerzlindernden Medikament loszuwerden. Salben können zielgerichtet wirken, sind an der Schulter aber nur schwer punktgenau aufzutragen. „Tabletten lassen sich deutlich einfacher einnehmen, wirken jedoch auf den ganzen Körper“, erklärt Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung der Apothekerverbände. Sie verweist darauf, dass manche Wirkstoffe leicht den Magen reizen. „Generell sollten Schmerzmittel nicht länger als drei Tage am Stück und nicht häufiger als zehnmal im Monat ohne ärztlichen Rat eingenommen werden.“
Solange der Schmerz wieder verschwindet, sehen viele Patienten nach Loews Beobachtung noch keinen Anlass für einen Arztbesuch. Das ändert sich meist, wenn die Ablagerung weiter wächst und sich die Belastungen auf die nun eingeengte Stelle wiederholen. Die Sehne wird gereizt, es entstehen meist schmerzhafte Entzündungen des Schleimbeutels. „Patienten beschreiben die Schmerzen als dumpf, bohrend und vor allem bei Nacht störend“, sagt Loew.
In diesem Stadium kann der Mediziner die Kalkschulter leicht und eindeutig erkennen. Mit bildgebenden Verfahren wie Ultraschall lässt sich die Kalkablagerung sichtbar machen und damit die Kalkschulter von ähnlichen Krankheitsbildern abgrenzen. „Eine ergänzende Röntgenaufnahme ist gar nicht immer notwendig“, sagt Gerret Hochholz, Schulterexperte am Orthopaedicum in Frankfurt am Main.
Die Symptome werden dann mit Schmerzmitteln behandelt. Außerdem wird versucht, die Durchblutung beispielsweise durch Physio- oder Elektrotherapie anzuregen. Das soll den Abtransport des Kalkes befördern und die Beweglichkeit wieder herstellen. „Ich empfehle Patienten ergänzend Pendelübungen: Nehmen Sie eine volle Wasserflasche, lassen Sie den Arm hängen und pendeln in gleichmäßig nach vorne und nach hinten“, erläutert Hochholz. Bewegungen, bei denen Druck auf den Oberarmkopf ausgeübt wird - etwa das Abstützen des Armes auf den Tisch - sollten hingegen vermieden werden.
Wird eine Kalkschulter nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann sie zu heftigen Schmerzen führen. Irgendwann interpretiert der Körper nämlich die Verkalkungen als Fremdkörper, wehrt sich gegen sie und baut sie ab. „In dieser Phase kann man die Schulter drei bis fünf Tage ruhig stellen und Schmerzmittel verabreichen“, erklärt Loew. Den Patienten helfe es meist zu wissen, dass die Schulter nach diesem akuten Prozess wieder völlig in Ordnung sein wird.