Siegel für blindverkostete Weine sind seriöser
Heilbronn (dpa/tmn) - Wenn Kunden vor dem Weinregal stehen, entdecken sie auf vielen Flaschen Siegel und Medaillen. Die Qualität solcher Weine ist in der Regel gut. Doch die Produkte sind nicht jedermanns Sache - Fachleute raten, dem eigenen Geschmack zu vertrauen.
Lebensmittel-Gütesiegel sollen Verbrauchern helfen, sich besser im Angebotsdschungel zu orientieren. Doch manchmal stiften sie ob ihrer großen Vielfalt eher Verwirrung: beim Wein zum Beispiel. In diesem Feld haben selbst Profis Schwierigkeiten, den Überblick zu behalten, räumt Ruth Fleuchaus, ein, Professorin für Weinbetriebswirtschaft an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Heilbronn.
Es falle schwer, zu durchblicken, was die Kriterien für die Siegelvergabe sind und wie genau verkostet wird, sagt sie. Als Grundregel gelte jedoch, dass sogenannte Blindverkostungen deutlich seriöser seien - also wenn die Tester das Etikett nicht sehen. Die Kriterien der einzelnen Wettbewerbe seien sehr unterschiedlich, die Urteile der Tester oft subjektiv, ergänzt die Sommelière Martina Kraemer-Stehr vom „Ketschauer Hof“ in Deidesheim (Pfalz).
Ein Winzer darf seine Auszeichnungen nur auf der Flasche präsentieren, wenn sie in einem amtlich zugelassenen Wettbewerb errungen wurden. Diese werden vom Bundeslandwirtschaftsministerium, den Landesregierungen oder vom Internationalen Weinamt in Paris bestimmt. Bei solchen Wettbewerben werden die Weine verdeckt verkostet. Die Prüfer kennen in der Regel lediglich die Rebsorte, die Prädikatsstufe und die Geschmacksrichtung, aber nicht den Winzer. Jeder Wein wird parallel von mehreren Experten probiert.
Auf Bewertungen nicht anerkannter Wettbewerbe oder von Weinführern darf der Winzer in seiner Preisliste oder auf seiner Homepage hinweisen. Laut Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz sind Weinwettbewerbe vor allem für noch wenig bekannte Betriebe eine gute Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen.
Verbandspreise wie die Kammermünzen werden schon lange vergeben. Hinzugekommen sind in jüngerer Vergangenheit einige internationale Wettbewerbe. Zu den hierzulande bekanntesten Veranstaltungen zählen die verschiedenen Landesweinprämierungen in den Anbaugebieten und die darauf aufbauende DLG-Bundesweinprämierung. Zu diesen Wettbewerben werden nach Zahlen des Deutschen Weininstituts pro Jahr weit mehr als 20 000 Weine angemeldet. Wer am ökologischen Weinbau interessiert ist, für den gibt es den „Internationalen Bioweinpreis“.
Das Land Rheinland-Pfalz lobt im zweijährigen Rhythmus den Weinvergleich „Best of Riesling“ aus. Im Rheingau können Winzer ihre Weine der Sorten Riesling oder Spätburgunder als „Erstes Gewächs“ klassifizieren lassen. Nur für Lemberger-Rotweine gibt es den „Vaihinger Löwen“, nur mit Silvaner kann man eine „Goldene Rebschere“ des Silvaner Forums gewinnen. Anerkannte internationale Weinwettbewerbe mit großer Beteiligung sind zudem „Mundus Vini“ vom Meininger Verlag oder die „Berliner Wein Trophy“.
Ausgezeichnete Weine seien in der Regel von guter bis sehr guter Qualität, sagt Büscher. Eine andere Frage sei, ob ein hochgelobter Wein dem Verbraucher auch schmeckt. So würden etwa barrique- oder gerbstoffgeprägte Rotweine öfter hoch prämiert. Dieser Weintyp sage nicht jedem zu. Diese Beobachtung hat auch Sommelière Kraemer-Stehr gemacht. Sie ermuntere ihre Kunden, dem eigenen Geschmack zu vertrauen - unabhängig von Trends und Preisen.