Soll Hilfe zum Suizid strafbar sein?
Verbot für geschäftsmäßiges Handeln geplant. Ob Patienten auf Ärzte zählen können, ist ungewiss.
Düsseldorf. Vor fünf Jahren stellte der Bundestag nach jahrelanger Diskussion per Gesetz klar, dass eine Patientenverfügung für den Arzt verbindlich ist. Dieser muss sich an den Patientenwillen — auch zur Nicht-Weiterbehandlung — halten. Damit wurden eine Reihe alltäglicher und doch existenzieller Fälle geregelt. Doch die Diskussion erreicht mittlerweile eine andere Stufe. Es geht nicht nur um den Patientenwunsch nach Behandlungseinstellung. Sondern dass ihm geholfen wird, sein Leben selbst zu beenden.
Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will dem einen Riegel vorschieben und „jede geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung unter Strafe stellen“. Wer Selbsttötung propagiere, versündige sich an der Wertschätzung des menschlichen Lebens in allen seinen Phasen.
Rufe nach einem Verbot des assistierten Suizids erhalten gerade dieser Tage neue Nahrung durch die Totschlags-Anklage der Hamburger Staatsanwaltschaft gegen den früheren Hamburger Innensenator Roger Kusch und den Nervenarzt Friedrich Spittler. Die Angeklagten sollen zwei Seniorinnen in den Tod begleitet haben — ohne die Frauen über Alternativen aufgeklärt zu haben. Eine Überdosis verschreibungspflichtiger Medikamente führte zum Tod.
Vor allem auf solche geschäftsmäßige Suizidbeihilfe zielen die Gesetzespläne ab. Doch wäre damit auch eine ärztliche Suizidbeihilfe verboten? Frank Ulrich Montgomery (Foto) sprach sich bei einer vom Deutschen Richterbund veranstalteten Diskussion im Düsseldorfer Landgericht dafür aus, die geschäftsmäßige Sterbehilfe per Gesetz zu verbieten. Aber auch Ärzte sollten nicht beim Suizid assistieren. Der Ärztechef beruft sich dabei auf die Berufsordnung, in deren Paragraf 16 steht, dass Ärzte „keine Hilfe zur Selbsttötung leisten dürfen“.
„Wir verbieten den Ärzten etwas, was einem Freund erlaubt ist“, weiß Montgomery. Doch er steht dazu. Ihm ist klar, dass diese standesrechtliche Regel nicht so recht in Deckung mit der grundsätzlichen Straflosigkeit der Suizidbeihilfe steht. Doch so lange die Berufsordnung nicht rechtlich infrage gestellt werde, müssten sich Ärzte daran halten.
Medizinrechts-Anwalt Wolfgang Putz hielt Montgomery daraufhin ein falsches Demokratieverständnis vor. Wenn sich 30 Prozent der Ärzte für eine Legalisierung des ärztlich begleiteten Suizids aussprächen, so sei das zwar die Minderheit. „Doch es geht ja gar nicht darum, dass alle Ärzte Suizidbeihilfe leisten müssen, sondern um die Erlaubnis an diejenigen, die es befürworten.“ Die Mehrheit der Ärzte könne doch der Minderheit nicht das Gewissen diktieren.
Der ehemalige MDR-Intendant Udo Reiter stimmt Putz zu. Er fordert, dass es für „lebenssatte“ Menschen Notausgänge geben müsse, durch die sie in Würde und ohne sinnlose Qualen gehen können: „Selbstverständlich ist zu respektieren, dass es Ärzte gibt, die aus ihrem beruflichen Selbstverständnis heraus an einem Suizid nicht mitwirken möchten.“ Hier könne es eine Lösung sein, solche Hilfestellung in Einrichtungen von Sterbehilfeorganisationen anzubieten.