Vergessen und wiederentdeckt - Aroniabeere auf dem Vormarsch

Coswig (dpa) - Sie wird als Gesundheitsbeere gerühmt und feiert seit einigen Jahren Renaissance. Nicht nur Obstbauern in Sachsen setzten auf die Aroniabeere, die es noch weiter zu erforschen gilt.

Selbst in Gartenbüchern sucht man die Aroniabeere mitunter vergebens. Die fast vergessene Obstsorte feiert nun aber - wenn auch langsam - eine Wiedergeburt in Deutschland. Überzeugen kann sich der Interessent davon derzeit unter anderem in Sachsen. Vor den Toren Dresdens ist die mit fast 65 Hektar größte Anbaufläche in Deutschland zu finden. „Das Geschäft floriert“, sagt Landwirt Michael Görnitz. Er erwartet von dieser Woche an (19. August) eine gute Ernte, deren Ergebnis vor allem als Saft nicht nur deutschlandweit in Reformhäusern und Biomärkten an die Kunden gebracht wird.

Görnitz erhält demnächst neue Konkurrenz, die er aber angesichts zunehmenden Kundeninteresses offenkundig nicht fürchtet. Im Spreewald in Brandenburg soll eine 50 Hektar große Plantage entstehen, gegenwärtig wächst die Beere dort auf schätzungsweise drei Hektar. Dann, so sagt Jörg Holzmüller von der Arbeitsgemeinschaft Aroniabeere aus Dresden, wachse die Anbaufläche in Deutschland auf mehr als 200 Hektar. Genaue Zahlen kenne wohl niemand. „Aronia ist noch eine Nischenbranche.“

Er ist sich jedoch sicher, dass Sachsen - wo schon zu DDR-Zeiten die Beere kultiviert wurde - mittlerweile das größte Anbaugebiet Westeuropas ist. Weitere, wenn auch wesentlich kleinere Plantagen, gibt es in Nordhessen, Bayern und Niedersachsen. Auch dort existieren Ausbaupläne. Im niedersächsischen Schwarmstedt etwa, wo seit 2009 Aronia angebaut wird, soll die Fläche von derzeit drei Hektar in den kommenden beiden Jahren verzehnfacht werden. In Nordhessen wachsen die Beeren laut Holzmüller auf etwa 20 Hektar.

Holzmüller vermarkte die meisten der in Sachsen reifenden Beeren. „Wir kaufen mittlerweile Aronia aber auch aus Polen, Österreich, Hessen und Brandenburg hinzu, um den wachsenden Markt befriedigen zu können.“ Polen mit fast 14 000 Hektar sei das Hauptanbaugebiet. 16 Prozent der Produkte gehen in den Export, sagt er und wird nicht müde, gesundheitsfördernde Vorzüge der dunklen Beere zu preisen.

„Bei Aronia werden wegen der Inhaltsstoffe günstige Wirkungen auf die Gesundheit vermutet“, bestätigt Sabine Kulling vom Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe. Bestimmte Stoffe seien wesentlich stärker konzentriert als in Holunder- oder schwarzen Johannisbeeren. „Aronia hat aber keine Inhaltsstoffe, die andere Beeren nicht haben“, bremst sie Überhöhungen aus.

Kulling weiß von Menschen, die fest überzeugt sind, dass sich Leber- oder Blutwerte nach dem regelmäßigen Genuss von Aronia verbessert haben. „Das kann, muss aber nicht sein. Eine Verallgemeinerung ist immer schwer.“ Belastbare Studien zu den zugeschriebenen positiven Wirkungen etwa auf Herz und Kreislauf oder als Wachstumshemmer von Tumoren beim Menschen existieren ihres Wissens nicht. Eine Studie zur Diabetesvorsorge sei leider bislang noch nicht zustande gekommen.

Man muss schon Liebhaber oder Enthusiast sein, um den herben dunkelvioletten Saft pur zu trinken, gibt Obstbauer Görnitz zu. Im Aussehen erinnert die Aroniabeere farblich an eine schwarze Johannisbeere, von der Form her gleicht sie einem winzigen Apfel. Geerntet wird bei Dresden maschinell. Furcht vor negativen Folgen des kürzlichen Elbe-Hochwassers - eine Plantage bei Coswig stand in den Fluten - muss der Konsument laut Görnitz nicht haben. Von allen Schlägen seien Proben untersucht worden, versichert er.