Weglasern oder damit leben? Tattoo-Entfernung ist riskant

Regensburg (dpa/tmn) - Für immer und ewig: Wer sich ein Tattoo stechen lässt, macht sich meist keine Gedanken darüber, dass es ihm irgendwann nicht mehr gefallen könnte. Wenn dieser Zeitpunkt doch mal kommt, stellt sich die Frage nach der fachgerechten Entfernung.

Hochspringerin Ariane Friedrich trägt einen Tiger auf dem Rücken und Lady Gaga ein Rilke-Zitat auf dem Arm. Tätowierungen, einst Schmuck von Matrosen und Häftlingen, sind mitten in der Gesellschaft angekommen. Doch nicht immer sind die Bilder auf der Haut lebenslang erwünscht. Sie entfernen zu lassen, ist mit Risiken verbunden.

„Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland rund zehn Millionen Tätowierte“, sagt Prof. Wolfgang Bäumler, Physiker und Tattoo-Forscher an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie der Universität Regensburg. „Damals entsprachen die Tattoos ihrer Persönlichkeit, und die Betroffenen waren auch überzeugt, ihr Leben lang zu den Motiven und zur Tätowierung an sich stehen zu können“, ergänzt Erich Kasten, Professor für Medizinische Psychologie an der Universität Göttingen. „Doch das ist häufig eine Fehleinschätzung: Persönlichkeiten verändern sich. Das gilt auch für Einstellungen und für Modetrends, welche die Motivwahl mit beeinflussen.“ So zählen einst trendige Steißbein-Tattoos heute als Modesünde. Auch der Name des Ex begeistert neue Partner selten.

Außerdem ist im Job eine Tätowierung oft hinderlich: „Bei der Polizei ist Auflage, dass künftige Anwärter Tattoos nur an nicht sichtbaren Stellen des Körpers haben dürfen“, sagt Wolfgang Kimmig von der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft in Hamburg. „Und auch in manch einer gastronomischen Einrichtung sind Körpergemälde zum Beispiel an den Händen nicht gerne gesehen.“ Die Folge: „Nach unserer Internet-basierten Umfrage mit rund 4000 Teilnehmern wollen etwa fünf Prozent der Tätowierten ihr Tattoo loswerden“, sagt Bäumler. Hochgerechnet sind das rund 500 000 Menschen.

Wer sein Tattoo entfernen lassen will, geht am besten zu einem Mediziner, rät Bäumler. „Schließlich kann bei der Behandlung einiges schief gehen.“ Die Farbpigmente sitzen in einer Tiefe von bis zu vier Millimetern unter der Hautoberfläche und müssen dort behandelt werden. „Unbedingt abzuraten ist von der Behandlung mit Blitzlampen oder mit Milchsäure“, sagt Kimmig.

Heute ist Lasern die gängigste Therapie: Der Laserstrahl erwärmt und zersprengt die Pigmente in der Haut. Die Partikel werden über die Lymphe abtransportiert. Bei der Behandlung wird der Schmerz durch kalte Luft und eventuell Betäubungscreme gelindert. „In den ersten Tagen nach einer Sitzung gleicht die behandelte Stelle einer Schürfwunde“, sagt Kimmig. „Sie muss desinfizierend behandelt und vor Licht geschützt werden. Schwimmen oder intensiver Sport ist in diesen Tagen tabu.“ Der Gesamtaufwand hängt von Hautdicke, Tattoo-Fläche und -Farbe ab. Sechs bis zehn Behandlungen im Abstand von jeweils vier bis sechs Wochen seien durchaus üblich. Eine Sitzung könne zwischen 75 und 300 Euro kosten. Der volle Erfolg ist nicht garantiert.

Worüber auch niemand Auskunft geben kann, sind Langfristfolgen: „Erstens wissen wir nicht, was in den Farben enthalten ist“, zählt Kasten auf. „Zweitens wissen wir nicht, was aus den Inhaltsstoffen der Farben wird, wenn sie mit dem Laser bestrahlt werden.“ Und drittens wisse man nicht, wohin die pulverisierten Farbstoffe im Körper gelangen und was sie dort bewirken. „Das heißt also: Wir haben keine Ahnung über mögliche Nebenwirkungen oder Folgeerkrankungen.“

Das ist ein Dilemma: „Wenn jemand sein Leben lang mit einer Tätowierung herumlaufen muss, die er eigentlich loswerden möchte, kann das sehr problematisch sein“, erläutert Kasten. Minderwertigkeitsprobleme und gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers können die Folge sein. Aber stattdessen die Risiken einer Tattoo-Entfernung auf sich nehmen? Das will wohl überlegt sein - am besten vor der Tätowierung.