Ratgeber Stress im Alltag: Wieso man gerade jetzt nicht auf Schlaf verzichten sollte
Stress ist eine Volkskrankheit, die laut der WHO Jahr für Jahr zahlreiche Leben fordert.
Glaubt man Statista, dann stehen gut zwei Drittel aller Deutschen regelmäßig unter Strom. Die Folgen sind vielfältig. Von Depressionen bis hin zu Schlaganfällen sind auch Gesundheitsrisiken mit Stresszuständen verbunden. Eine auf den ersten Blick eher harmlose Stress-Begleiterscheinung ist Schlafmangel. Tatsächlich verursacht genau jener aber noch mehr Stress, denn erholsamer Schlaf trägt in vielerlei Hinsicht zum Abbau von Stresszuständen bei. Was Betroffene wissen sollten, steht hier.
Vorab-Tipps zum Stressabbau
Gegen Stress kann man einiges tun. Von bewusstem Atmen bis hin zu Meditation, Kunst oder sportlicher Betätigung gibt es unterschiedliche Abbaumöglichkeiten. Eine besonders lohnenswerte ist die Anfertigung eines Schlafberichts und – bei Befunden – die Behandlung diagnostizierter Schlafstörungen. Denn Schlafmangel und Stress bedingen sich gegenseitig.
Schlafen trotz und gegen Stress: Was es damit auf sich hat
Jeder hat dies schon erlebt: An stressigen Tagen verfolgen einen die Probleme bis ins Schlafzimmer. Von Schwierigkeiten beim Einschlafen bis hin zu nächtlichem Aufwachen treten in stressigen Zeiten die unterschiedlichsten Schlafstörungen auf. Denn um einzuschlafen und ruhig durchzuschlafen, muss man entspannt sein. Weil Stress mit Anspannung verbunden ist, gelingt das Schlafen an stressigen Tagen kaum. Dies liegt unter anderem an den Hormonen Cortisol und Noradrenalin, die den Körper bei Stress in Leistungsbereitschaft versetzen. Das sympathische Nervensystem steuert ihre Ausschüttung, damit Energie bereitgestellt wird und der Muskeltonus steigt. Der Körper bereitet sich dadurch auf eine unmittelbare Gefahrensituation vor und ermöglicht durch die Stressreaktion Kampf oder Flucht. In grauer Vorzeit war das sinnvoll, denn Stress bedeutete damals oft unmittelbare Lebensgefahr. Dem heutzutage empfundenen Stress geht in der Regel keine Lebensgefahr voraus. Wie aus einer Studie hervorgeht, lässt sich ein Großteil der Bevölkerung vor allem davon Stressen:
- Arbeit, Studium oder Schule
- hohen Ansprüchen an die eigene Person
- Konflikten mit Nahestehenden
- Erkrankungen
- zu vielen Verpflichtungen in Freizeit und Beruf
- ständiger Erreichbarkeit
- Kindererziehung
- finanziellen Sorgen
Die durch den empfundenen Stress ausgelöste Reaktion des Körpers bleibt dieselbe, obwohl keine Lebensgefahr besteht. Doch heutigen Stressoren kann man nur selten mit Kampf oder Flucht entkommen, sodass die Stresslevel auf unabsehbare Zeit erhöht bleiben. Dadurch zirkulieren die Stresshormone ununterbrochen im Blut und das sympathische Nervensystem bleibt aktiv. Solange dies der Fall ist, ist an Schlaf kaum zu denken. Leider – denn gesunder Schlaf könnte helfen.
So wichtig ist Schlaf für die Psyche
Seit Jahrtausenden ist bekannt, dass Schlaf die Psyche beeinflusst und nicht nur zur körperlichen Erholung unersetzlich ist. Schlafentzug wird sogar als Foltermethode eingesetzt, denn der Körper kann sich ohne die Nachtruhe nicht regenerieren. Zur selben Zeit ist die Seele bei schlechtem oder fehlendem Schlaf nicht zur Verarbeitung der Tagesereignisse in der Lage. Wissenschaftler gehen davon aus, dass gute Schlafqualität sogar zu 30 Prozent am psychischen Wohlbefinden beteiligt ist. Gut definiert sich hier insofern, als dass man:
- leicht einschläft
- während der Nacht nicht wieder wach wird
- nicht zu früh erwacht
- sich morgens erholt fühlt
Dies ist gerade in Stresssituationen wichtig, wie Forscher am Londoner Imperial College in einem Experiment mit Mäusen herausfanden. Denn während des Schlafs wird ihren Ergebnissen zufolge Nervosität abgebaut. Binnen einer einzigen Stunde war im Körper gestresster Mäuse das Stresshormon Corticosteron nicht mehr nachweisbar. Allerdings war nicht nur der Abbau des Hormons dafür verantwortlich, dass die Tiere nach dem Aufwachen weniger ängstlich waren. Denn andere Versuchstiere erhielten Medikamente, um das Coticosteron künstlich abzubauen und blieben trotzdem nervös. Grundsätzlich werden belastende Erlebnisse im Hippocampus in ein Netzwerk aus Erinnerungen eingebettet. Im Schlaf geschieht diese Einordnung, ohne dass die Emotionsregionen des Gehirns angesprochen werden. Die Forscher spekulieren, dass die negativen Emotionen des Stresszustands so nicht ins Gedächtnis übertreten. Ihre im Fachjournal Science veröffentlichte Studie lässt sich auf den Menschen übertragen.
Wie man trotz Stress einschlafen kann
An stressigen Tagen einzuschlafen und damit den Stress zu bekämpfen, ist nicht einfach. Wer sich allerdings bewusst darum bemüht, kann trotzdem erfolgreich sein. Wichtig ist dabei vor allem, die Anspannung und den vergangenen Tag loszulassen. Keinesfalls sollte man sich kurz vor dem Zubettgehen gedanklich weiter mit den Stressoren beschäftigen. Stattdessen kann man zur Vorbereitung auf den Schlaf
- Yoga, Meditation oder Atemübungen betreiben.
- körperliche Betätigung beziehungsweise Verausgabung suchen (Joggen oder Spazierengehen).
- Stressoren aufschreiben und das Blatt verbrennen oder im Fluss davonschwimmen lassen.
- bei einem heißen Bad entspannen oder warm duschen und dabei visualisieren, wie man sich mit dem Schweiß des Tages auch den Stress von der Haut wäscht.
- ausmisten und sich dabei vorstellen, dass man mit den entsorgten Gegenständen und Kisten auch die Schwierigkeiten des Tages entsorgt.
- kreativ werden (malen, töpfern, sticken, musizieren, schreiben).
Jede der genannten Methoden sorgt dafür, dass man zur Ruhe findet und die Entspannung des Tages ziehen lässt. Wer das Bett dann noch gemütlich herrichtet, tut sich mit dem Einschlafen leichter. Empfehlenswert ist auch ein Schlaftagebuch, um Einblick in das eigene Schlafverhalten zu erlangen. Auch bei der Anfertigung eines Schlafberichts können solche Aufzeichnungen hilfreich sein.