Amazonas: Staudämme gefährden Wald und Fische

Washington (dpa) - Die Vielzahl der geplanten Staudämme an den Amazonas-Zuflüssen in den Anden wird Forschern zufolge negative Umweltauswirkungen von bislang unerwartetem Ausmaß haben.

Insgesamt sollen dort in den nächsten 20 Jahren 151 Wasserkraftwerke mit einer Stromerzeugung von je über zwei Megawatt (MW) gebaut werden. Diese Energie-Projekte gefährden sowohl die Vernetzung des Amazonas-Beckens als auch die Regenwaldbestände, berichtet ein Forscherteam des Center for Environmental Law aus Washington im Online-Fachjournal „PLoS One“.

Heute gibt es nur 48 Staudämme dieser Größe im Amzonas-Einzugsgebiet der Anden. Die neu geplanten Werke liegen auf fünf der sechs großen Amazonas-Zuflüsse, hauptsächlich in Peru und Ecuador und in geringerem Ausmaß auch in Bolivien und Kolumbien. Vor allem der Marañón-Fluss in Peru wird mit 81 geplanten Projekten überlastet, unter ihnen sechs, die über 1000 MW liefern sollen. Nur der Putumayo-Fluss in Kolumbien ist unter den großen Zuflüssen des größten Wasserbeckens der Welt frei von Staudammprojekten.

Nach Auswertung des Teams um Matt Finer werden 47 Prozent dieser Energieprojekt starke Umweltauswirkungen haben. Vierzig der Staudammprojekte werden in unmittelbarer Nähe von Eingeborenen-Siedlungen geplant. Fischmigrationen flussaufwärts werden gestört, die Sedimenten-Abtragung flussabwärts ebenfalls. Zur Waldüberflutung kommt die Rodung für den Bau von Zufahrtstraßen und Stromleitungen.

Allein Ecuador, Peru und Bolivien planen bis 2020 den Bau von Staudämmen mit einer Kapazität von insgesamt 7000 MW. Das Gefälle des Amazonas-Beckens ist in Brasilien geringer als in den Anden-Ländern, weshalb Staudämme in diesem Land weniger rentabel sind. Dafür fördert aber Brasilien den Bau in Nachbarländern wie Peru und Bolivien mit der Absprache, ihnen Energie abzukaufen.

Zudem plant Brasilien aber auch selbst Staudämme am Amazonas, wie etwa das Werk Belo Monte. Es soll das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt werden und trifft auf heftigen Widerstand. Dazu müssten mehrere Zehntausend Menschen umgesiedelt werden.

Es besteht nach Ansicht der Forscher ein dringender Bedarf an einer globalen internationalen Planung der Staudämme mit Einbeziehung der Auswirkungen auf das Flussnetz. Die Einschätzung der Staudämme als Energiequelle mit vermeintlich geringen Umweltauswirkungen müsse außerdem neu durchleuchtet werden. Die bisher übliche internationale Finanzierung über den CDM (Clean Development Mechanism), nach dem Industrieländer einen Teil ihrer Klimaschutzziele durch klimafreundliche Projekte in ärmeren Staaten erfüllen, könne trotz guter Absichten Regenwälder und tropische Flüsse in Risiko stellen.