Nylon aus Holzabfällen - Forscher sehen Zukunftsmarkt

Saarbrücken (dpa) - PET-Flasche oder Joghurt-Becher - schon heute wird vieles aus nachwachsenden Rohstoffen gemacht - allerdings aus solchen, die auch verspeist werden könnten. Wissenschaftler entwickeln eine Methode zur Produktion von Nylon aus Holzabfällen.

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Chemiker wollen das Bodenbakterium Pseudomonas putida zur Synthese von Nylon nutzen. Zumindest sein Stamm KT 2440 produziert aus dem Holzstoff Lignin bereits eine Vorstufe der Adipinsäure, dem Grundstoff für hochwertiges Nylon. „Die biotechnische Herstellung ist eine echte Alternative zur energiefressenden und Klimagas produzierenden Synthese aus Erdöl“, sagt Professor Christoph Wittmann. Ein Patent auf das Verfahren haben sich die Forscher um den 47-jährigen Biotechnologen schon gesichert. Seit April forschen sie an der Universität des Saarlandes an der Optimierung, damit das Verfahren zukünftig in der Industrie eingesetzt werden kann.

Der Bedarf an Kunststoff aus unterschiedlichen nachwachsenden Rohstoffen ist angesichts knapper Ressourcen und einer wachsenden Weltbevölkerung groß. Weltweit arbeiten Biotechnologen an neuen Verfahren, die die Plastik-Produktion aus dem endlichen Stoff Erdöl ersetzen können. „Weißer Kunststoff“ macht erst einen kleinen Teil der weltweiten Polymer-Produktion aus.

Nach Angaben der Hersteller-Gemeinschaft European Bioplastics liegt er bei unter einem Prozent. Einer Studie des auf Bio-Technologie spezialisierten Nova-Instituts zufolge betrug er 2011 mit 3,5 Millionen Tonnen bereits 1,5 Prozent.

Auf jeden Fall wird nach Meinung aller Experten der Marktanteil wachsen. Nova prognostiziert bis 2020 eine Verdopplung, Bioplastics 7 Millionen Jahrestonnen bis 2017. Wie schnell neue Basis-Chemikalien den Markt verändern können, zeigt die Nova-Studie: Weil selbst Coca-Cola seine Brause in Flaschen abfülle, die zum Teil aus Bio-Kunststoff bestehen, werde die Jahresproduktion von solchem PET bis 2020 von derzeit 600 000 auf 5 Millionen Jahrestonnen wachsen.

Auch der Chemieriese BASF forscht an der Verwertung von Lignin. „Als hochkomplexes Makromolekül liegt die Nutzung von Lignin als Biowerkstoff nahe“, erklärt der Leiter der Einheit Forschung Feinchemikalien und Biokatalyse der BASF SE, Carsten Sieden. Wettbewerbsfähig sei dies überall dort, wo Lignin in großen Mengen als Reststoff anfalle, etwa bei großen Papierproduzenten.

Echtes Nylon ist im Vergleich zu vielen schon biotechnisch produzierten Kunststoffen - wie Verpackungen - ein langlebiges Produkt. Es wird nicht nur für Strumpfhosen verwendet, sondern etwa auch für Autoteile oder Dübel, die Jahrzehnte halten sollen.

Einen großen Vorteil seiner Methode sieht Wittmann im Vergleich zum petrochemischen Prozess in einem viel geringeren Energiebedarf. Zudem lasse sich die Adipinsäure aus einem Holzanteil herstellen, der heute als Abfall zumeist verbrannt wird, und nicht aus Nahrungspflanzen wie Mais oder Zuckerrüben. „Angesichts der Diskussion „Tank oder Teller“ ist das wichtig“, betont Wittmann.

Bis zur industriellen Anwendung muss aber noch so manches Problem gelöst werden. „Es gilt zu zeigen, dass die Produktqualität stimmt und sich das Biotech-Produkt genauso gut auf vorhandenen Anlagen verarbeiten lässt wie das petrochemische“, erklärt Wittmann. Das wollen er und seine Mitarbeiter in den kommenden drei Jahren bei ihrem Projekt beweisen, das vom Bundforschungsministerium mit 1,4 Millionen Euro gefördert wird. Letztlich dürfe die Adipinsäure zudem nicht teurer sein als bisher. Der Marktpreis liegt derzeit bei 1,70 Euro pro Kilogramm.