Summen vorm Balkon - Projekt gegen das Bienensterben
Berlin (dpa) - Sie sieht aus wie ein riesiger Blumenkasten: Die Box, in der Johannes Weber seine Bienen auf dem Balkon hält. Jetzt will er mehr: Er möchte Deutschlands Städte zum Summen bringen.
Von seinem Schreibtisch aus hat Johannes Weber seine Bienen immer im Blick: Durchs Fenster schaut er direkt auf den großen Holzkasten, in dem seine 20 000 kleinen Freunde zu Hause sind. Durch ein Loch krabbeln sie munter ein und aus, heben ab und landen wieder, die Hinterbeinchen voller gelber Pollen. Etwa 30 Kilo Honig produzieren Webers Bienen im Jahr. Die Hälfte davon erntet er, den Rest behalten die Tiere - als Nahrung für den Winter.
Das Heim seiner Bienen hat der 29-jährige Berliner selbst gebaut. Die Kiste sieht aus wie ein riesiger Blumenkasten. Sie hängt außen an Webers Balkon. Seit drei Jahren hält er dort sein Bienenvolk. Die Idee zu der Box entstand, als er seinen Garten im Innenhof aufgeben musste und seine Bienen ein neues Zuhause brauchten.
Weber wollte ein System entwickeln, mit dem möglichst viele Stadtbewohner Bienen halten können - auch ohne Garten. Wieder mehr Bienenvölker in Deutschland - das ist sein Ziel. Dafür hat der Hobby-Imker einen Verein gegründet und startet in diesen Tagen eine Crowdfunding-Kampagne. Sein Ziel: 20 000 Euro Spenden. Mehr als drei Viertel der Summe hat er schon zusammen. Damit möchte er seine Bienenkiste in großer Stückzahl produzieren lassen. Webers Traum: die Kisten in alle deutschen Städte bringen - und mit ihnen die Bienen.
Weber sieht sein Projekt als Beitrag im Kampf gegen das Bienensterben. Seit Jahren leiden die Tiere unter der Varroa-Milbe, aber auch unter Pestiziden und teilweise schlechten Nahrungsbedingungen. Die seien in der Stadt derzeit besser als auf dem Land, sagt Weber. Wer Bienen in der Box halte, muss dafür seinen Angaben zufolge nur 20 Stunden Zeit im Jahr investieren.
Trotzdem sind nicht alle Bienenfreunde von Webers Projekt überzeugt. Benedikt Polaczek, Vorsitzender des Berliner Imkerverbandes, findet, Bienen in der Stadt im Prinzip gut. Aber Polaczek möchte verhindern, dass die Imkerei zum „Modetrend“ verkommt. Er fürchtet, dass Menschen mit der Bienenhaltung beginnen, ohne sich das nötige Know-how anzueignen. Auch von der Idee, die Bienen auf Berliner Balkonen anzusiedeln, ist er nicht begeistert. Nachbarn könnten sich von den Tieren gestört fühlen - und das könnte letztendlich dem Image der Biene schaden.
Die Bienenhaltung als hippes Hobby für Großstädter? In der Tat nimmt die Zahl der Imker in Berlin stark zu. Ende 2013 verzeichnete der Berliner Imkerverband einen Mitgliederzuwachs von über zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr - weit mehr als die anderen Landesverbände in Deutschland.
„Berlin ist die Spitze einer deutschlandweiten Bewegung, die die Bienen in die Stadt bringen möchte“, sagt auch Bienenbox-Entwickler Johannes Weber. Ihm ist klar, dass der Hype um die Biene durchaus Gefahren bergen kann. Um sicher zu stellen, dass seine Kunden wissen, was auf sie zukommt, bietet er Workshops und Seminare an, in denen er sie für die selbstständige Bienenhaltung ausbildet. Dass herrenlose Bienenvölker in Berlin herumschwirren, will Weber auf jeden Fall vermeiden.