Mit der Lupe in den Supermarkt

Nasch-und Knabberzeug: Welche Zutaten drin sind, ist oft nicht leserlich. Verbraucherzentrale untersuchte 75 Produkte.

Düsseldorf. Zum Einkauf in den Supermarkt sollte man nicht nur genügend Geld, sondern auch eine Lupe mitnehmen. Das ist derzeit die beste Möglichkeit, sich gegen eine Unsitte der Hersteller von Süß- und Knabberwaren zu wappnen.

Denn diese muten ihren Kunden einiges zu: Bei jeder zweiten Packung, das ergab eine Marktuntersuchung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bei 75 Produkten, konnten Kunden die Hinweise nicht auf Anhieb finden. Noch nicht mal mit der Brille. Dabei seien, so betonen die Verbraucherschützer, die Hersteller verarbeiteter Lebensmittel verpflichtet, sämtliche Zutaten auf den Verpackungen an gut sichtbarer Stelle, in deutscher Sprache, leicht verständlich und deutlich lesbar anzugeben.

Für viele Verbraucher mögen diese Informationen nicht so wichtig sein. Zumal sie sich ohnehin bewusst sind, dass die Produkte nicht gerade gesundheitsfördernd sein dürften. Doch es gibt eben auch Menschen, die bestimmte Farb-, Geschmacks- oder Konservierungsstoffe nicht vertragen. Oder die allergisch auf bestimmte Inhaltsstoffe wie etwa Milch oder Soja reagieren.

41 der 75 von den Verbraucherschützern untersuchten Produkte wiesen eine unleserliche, kleine Schrift auf. Einer der Gründe: Hersteller bringen ihre Produkte in mehreren Ländern auf den Markt und verwenden dabei die gleichen Umverpackungen. Folge: Die Hinweise müssen mehrsprachig aufgedruckt werden, der zur Verfügung stehende Platz reicht kaum aus.

Aber ist das nicht auch eine nachvollziehbare Rechtfertigung für die Hersteller, die schließlich Kosten sparen wollen? Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale, kennt das Argument zwar. Aber er sagt: "Die Hersteller finden doch auch Platz genug für andere Auf drucke auf ihren Verpackungen." Er nennt das Beispiel Hanuta. "Da wird großflächig für das Punktesammeln für Sportprämien geworben. Und für die wichtigen Hinweise über die Zutaten bleibt nur wenig Raum."

Auf 63 Produkten erschwerte nach der Untersuchung der geringe Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund die Lesbarkeit. Und auf ein weiteres Ärgernis weist Müller hin: In 18 Fällen waren die Informationen unter einer Verpackungsnaht versteckt.

Oder ein Clip knautscht die Verpackung, wirft Falten und macht das Lesen der Aufschrift unmöglich.

Um sämtliche Produktinformationen - teilweise in bis zu 19 Sprachen - auf einer Tüte Chips oder Tafel Schokolade unterzubringen, übersäen vor allem Markenhersteller die komplette Rückseite oder Seitenfläche mit klein und eng gedrucktem Fließtext.

"Viele Menschen können jedoch Angaben in einer Schriftgröße unter 1,5Millimeter nicht mehr lesen", klagt Müller. Werden die einzelnen Inhaltsstoffe auch noch auf transparentem oder changierendem Hintergrund dargeboten, seien die gesetzlichen Vorgaben nur formal, aber nicht verbraucherfreundlich umgesetzt.

Die Verbraucherschützer hoffen, dass das Problem bald behoben wird - durch eine Verordnung der Europäischen Union, die die Schriftgröße bei Zutatenverzeichnissen auf drei Millimeter festlegen will. Verbunden mit einem Bußgeld für diejenigen, die sich dann nicht mehr daran halten. Doch so weit ist es längst nicht. Noch "nutzen die Hersteller auch mit der geübten Praxis den gesetzlichen Rahmen aus", moniert Verbraucherschutzexpertin Doris Gräfe.

Und Klaus Müller gibt zu, dass die Hersteller bisher recht abweisend auf eine kundenfreundlichere Gestaltung ihrer Produkte reagieren. Dabei gebe es durchaus Positivbeispiele, etwa Eigenmarken der Discounter, die auf Vielsprachigkeit und Werbesprüche auf den Verpackungen verzichten.