Extremes Züchten beschert Tieren oft Qualen

Leipzig/Berlin (dpa/tmn) - Das knautschige Mopsgesicht oder die schlanke Nacktkatze: Bei vielen Rassehunden und -katzen werden äußerliche Merkmale bis ins Extreme gezüchtet. Die Tiere bezahlen dafür oft mit ihrer Gesundheit.

Halter sollten sich deshalb informieren.

Französische Bullterrier mit Atemnot und Perserkatzen mit permanent tränenden Augen: Bei manchen Haustieren werden aus Gründen der Schönheit und des Aussehens bestimmte Merkmale bis ins Extreme gezüchtet. Für die Tiere, die aus solchen sogenannten Qualzuchten stammen, bringt das mitunter starke gesundheitliche Probleme mit sich - und hohe Tierarztkosten für den Halter.

Während bei Nutztieren Qualzuchten vor allem zu mehr Erlös wie mehr Milch oder Fleisch führen sollen, ist die Situation bei Heimtieren eine andere. „Über Jahrtausende hatten Hunde einen festen Job und waren unter anderem damit beschäftigt, Vieh zu treiben oder bei der Jagd zu helfen“, erklärt Prof. Gerhard Oechtering, Leiter der Klink für Kleintiere der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Durch die industrielle Revolution sei das verschwunden. „Stattdessen wurde angefangen, für Wettbewerbe nach Schönheit zu züchten.“

Immer wieder in die Kritik gerät die Zucht der sogenannten brachyzephalen Rassen, zu denen der derzeitige Modehund Mops und die französische Bulldogge gehören. „In vielen Fällen werden bei denen das Gesicht und die Nase immer kürzer gezüchtet, damit sie noch mehr dem Kindchenschema entsprechen“, erklärt Angela Bartels, Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz von der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Allerdings habe das zur Folge, dass viele dieser Hunde durch eine Verengung der Atemwege schlecht Luft bekämen und Probleme mit der Temperaturregulation hätten.

Eine Operation zur Behebung der Atemwegverengungen kostet laut Oechtering, der diese Eingriffe so gut wie täglich durchführt, in etwa soviel wie drei Möpse - also rund 3000 Euro.

Von einer Qualzucht können aber auch andere Rassen betroffen sein. „Der alte Schäferhund beispielsweise hatte eine quadratische Körperform, um die Zugkräfte am besten umzusetzen“, erklärt Karl Fikuart, Vorsitzender des Ausschusses für Tierschutz der Bundestierärztekammer in Berlin. Heute falle sie dagegen von vorn nach hinten ab. „Das soll eine permanente Sprungbereitschaft andeuten, aber es führt vor allem zu Hüft- und Wirbelsäulenproblemen.“

Bei den Heimtieren sei unter anderem mit dem Gibber eine Kanarienvogelart betroffen, der wie eine Eins auf der Stange sitzen soll. Es gebe Goldfische, bei denen die Glotzaugen fast außerhalb des Körpers lägen, und die sogenannten Nacktkatzen und -meerschweinchen, die je nach Situation zu schnell erhitzen oder auskühlen würden.

Egal, um was für ein Haustier es sich handelt, es ist in jedem Fall wichtig, sich vorab über die gewünschte Rasse zu informieren. „Die meisten tun das aber offenbar nicht, sondern achten nur auf Äußerlichkeiten und finden bestimmte Merkmale einfach süß“, sagt Tierärztin Bartels. Wer doch ein Tier aus einer Qualzucht erwischt, müsse aufgrund zahlreicher Tierarztbesuche und möglicher Operationen häufig mit hohen Kosten rechnen.

Besonders genau sollte hingesehen werden, wenn eine Hunderasse gerade im Trend liegt und daher in großer Anzahl gezüchtet wird. Außerdem solle das Tier nur von einem Züchter gekauft werden, zu dem man das vollste Vertrauen habe. Nicht alle Züchter arbeiteten unseriös.