Kamele zum Kuscheln: Alpakas sind zutraulich
Gießen (dpa/tmn) - Spucken können sie. Das menschliche Gegenüber wird davon aber nur wenig abbekommen. Alpakas gelten als zutrauliche, sanfte Tiere. Wer genug Weidefläche zur Verfügung hat, wird an den Wiederkäuern mit dickem Fell viel Spaß haben.
Das Fell ist weich, der Hals gereckt und aus dunklen Augen schauen sie den Menschen stets aufmerksam an: Alpakas sind die kleinen Geschwister der Lamas. Ursprünglich kommen sie aus den südamerikanischen Anden, sind aber inzwischen auch auf deutschen Weiden immer häufiger zu sehen. Mit einer Schulterhöhe von höchstens einem Meter und einem Körper, der gerade mal die Hälfte eines Lamas wiegt, taugen sie kaum zum Lastentier. Der Kuschelfaktor ist dafür umso größer. Wegen ihres ruhigen Charakters eignen sich die kleinen Kamele als Haustiere, und inzwischen werden sie auch für Tiertherapien eingesetzt.
Liebe auf den ersten Blick - so beschreiben viele Menschen ihre erste Begegnung mit den Tieren. „Sie haben diese großen Rehaugen, das kuschlige Fell und eine sehr zutrauliche Art“, sagt Henrik Wagner, Tierarzt und selbst Halter verschiedener Neuweltkamele. „Sie sind neugierig und gehen sofort auf alles zu, was sich bewegt. Zugleich sind sie aber auch sehr sensibel und wirken beruhigend.“ Und ja: Alpakas spucken. „Aber eher untereinander, wenn ihnen etwas nicht passt.“
Insgesamt 13 000 Alpakas gibt es nach Angaben des Bundesumweltministeriums in Deutschland. Anfang der 90er Jahre eröffnete die erste Alpakazucht in Baden-Württemberg, inzwischen gibt es Züchter im ganzen Land. Das vielleicht Grundlegendste: Alpakas sind Herdentiere und sollten nie alleine bleiben. „Zwei Tiere sind das Minimum“, sagt Herbert Ruch, Vorstandsvorsitzender der internationalen Alpaca Association. „Besser sind vier oder fünf.“ Weil die Stuten stets fruchtbar sind, müssen sie in der Zucht von den Hengsten getrennt werden. Wer nicht züchten will, kann die Hengste auch früh kastrieren lassen: Eine Herde aus Wallachen und Stuten ist unproblematisch.
Alpakas sind pflegeleicht, brauchen aber Platz. Als Richtlinie gelten wenigstens 1000 Quadratmeter fest eingezäunte Weide für zwei Tiere und für jedes weitere 100 Quadratmeter mehr. Je größer die Fläche, desto besser: Alpakas fressen Gras und Heu, als Futterquelle würde eine Weide in Mindestgröße nur für wenige Wochen reichen.
Tierschutzrechtlich vorgeschrieben ist außerdem ein Unterstand, der überdacht und an drei Seiten geschlossen ist - besser wäre jedoch ein richtiger Stall. Ebenso wichtig sind Impfungen, vor allem gegen Parasiten. Weil Land und Futter in Deutschland weicher sind als in den heimischen Anden, müssen auch regelmäßig Zähne und Klauen zurückgeschnitten werden.
Einmal pro Jahr werden die Alpakas geschoren, im Mai, bevor der Sommer beginnt. Weil sie nicht schwitzen können, staut sich die Hitze sonst unter dem dicken Fell. Sechs bis acht Kilo Wolle ergibt eine Schur, sie wird zu Mützen, Schals und Pullovern verarbeitet und ist besonders gut für Allergiker geeignet. Inzwischen gibt es auf Modenschauen ganze Alpaka-Kollektionen zu sehen.
Der Deutsche Tierschutzbund sieht die Entwicklung skeptisch. „Grundsätzlich lehnen wir die Haltung nicht heimischer Tiere wie Alpakas eher ab“, sagt Sprecher Marius Tünte. Denn oft könnten die Besitzer sie nicht artgerecht halten, und die zuständigen Tierärzte hätten keine ausreichenden Fachkenntnisse. Nur wenn sich die Besitzer im Vorfeld ganz genau über die Tiere und ihre Bedürfnisse informiert hätten, sei die Haltung akzeptabel. Häufigste Probleme bei den Alpakas sind die Zucht von Tieren mit falschem Körperbau, Fütterung mit ungeeignetem Futter, mangelnde Parasitenkontrolle und die falsche Zusammenstellung der Herde.
Gerade wegen der Ausstrahlung der Tiere lassen sich viele Menschen aber schnell zum Kauf verleiten. Bis zu zwanzig Jahre werden Alpakas alt, und eine Herde ist im Urlaub nicht so leicht beim Nachbarn unterzubringen wie eine Katze. Das alles gilt es zu bedenken.
Wer sich für den Kauf von Alpakas interessiert, sollte sich vorab bei den Zuchtverbänden umfassend informieren. Eine Frage, sagt Herbert Ruch, höre er aber gar nicht gern: Ob man die Tiere auch essen könne? „Natürlich kann man. Und in Südamerika macht man das auch durchaus.“ In Deutschland, sagt Ruch, habe sich das bisher glücklicherweise noch nicht durchgesetzt. „Es sind so schöne, liebe Tiere. Wir hoffen sehr, dass sie hier nicht auch irgendwann auf der Speisekarte landen.“