Stress und Langeweile: Warum Vögel Federn lassen
Bonn (dpa/tmn) - Kahler Bauch, Rücken oder Flügel: Sehen Käfigvögel zerrupft aus, steckt meist ein ernstes Problem dahinter. Denn die Tiere kompensieren mit übermäßigem Putzen Stress. Von Langeweile bis neuer Käfigplatz kann der viele Ursachen haben.
Sie zwitschern die Tonleiter hoch und runter oder flattern in der Wohnung umher. Etwa zehn Millionen Vögel leben in Deutschland als Haustiere. Nicht alle werden artgerecht gehalten. Die Folge: Sie rupfen sich ihre Federn aus oder zerbeißen sich das Gefieder.
„Federrupfen ist oft auf eine Verhaltensstörung zurückzuführen. Sie tritt vor allem bei Großpapageien, Sittich- und Ziervogelarten auf, die in Einzelhaltung leben“, sagt Henriette Mackensen vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn. Vögel seien sehr gesellige Tiere mit einem ausgeprägten Sozialverhalten. Haben sie keinen Artgenossen an ihrer Seite, langweilen sie sich sehr schnell. In so einer Situation reagieren viele mit einem ausgeprägten Putztrieb, um die Zeit totzuschlagen.
Vögel langweilen sich auch, wenn ihre Halter sie nicht genug beschäftigen. Schließlich biete die Wohnungshaltung wenig Abwechslung, sagt Marcellus Bürkle von der Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht in Backnang in Baden-Württemberg.
Bürkle rät Besitzern, sich mindestens eine Stunde am Tag mit ihrem Tier zu befassen. Sein Tipp an Halter: „Bringen Sie ihrem Vogel Kommandos bei - „Komm her!“, „Dreh dich!“, „Flieg auf die Hand“.“ Auch Futterspielzeug, bei dem sich der Vogel sein Fressen zum Beispiel durch Aufziehen von Schubladen erarbeiten muss, bietet den intelligenten Tieren Abwechslung.
Stress sollte den Vögeln dagegen erspart bleiben, sagt Astrid Behr vom Bund praktizierender Tierärzte in Frankfurt am Main. „Wenn sich das Umfeld ändert, zum Beispiel plötzlich eine neue Bezugsperson da ist oder der Käfig immer wieder umgestellt wird, bringt das die sensiblen Tiere durcheinander.“
Doch nicht immer ist das Federrupfen die Folge von Vernachlässigung, Stress und fehlenden Artgenossen. Auch falsches Futter kann zu der Störung führen. Halter müssen unbedingt darauf achten, dass Körnermischungen qualitativ hochwertig sind und ausreichend Vitamine und Mineralstoffe beinhalten, sagt Mackensen.
Zusätzlich sollten sie viel Grünzeug wie Löwenzahn oder Vogelmiere füttern. Auch Obst darf gern auf dem Speiseplan stehen. So lieben Papageien vor allem reife, süße Früchte wie Ananas, Äpfel oder Bananen. Die könnten geraspelt oder kleingeschnitten gefüttert werden, empfiehlt Mackensen.
Reißt sich der Vogel trotzdem seine Federn heraus, kann er womöglich ernsthaft krank sein. Beispielsweise könnten bakterielle Infektionen, Pilzbefall oder Allergien die Ursache sein, sagt Behr. Wer beobachtet, dass sich sein Tier die Federn anknabbert oder abreißt, vielleicht sogar schon kahle Stellen im Gefieder entdeckt, sollte unbedingt zu einem Tierarzt gehen, der auf Vögel spezialisiert ist.
Manche Vögel rupfen nur die Deckfedern aus, das Untergefieder bleibt weitgehend unversehrt. „Andere rupfen intensiver, bis kahle Stellen zu sehen sind, oder beißen die Federn nur ab, so dass ein zerzauster Eindruck entsteht.“ Typischerweise bleibt das Kopfgefieder intakt, weil der Vogel es mit seinem Schnabel nicht erreicht. Ansonsten können wenige Federn bis hin zu allen am Körper ausgerupft werden.