Wer erbt Omas Dackel? - Der Tieranwalt und seine Frau wissen Rat

Wiesbaden (dpa) - Die Deutschen mögen ihre Haustiere. Doch wo viel Liebe im Spiel ist, ist auch Streit nicht fern. Für Anwälte kann Tierrecht eine clevere Geschäftsidee sein.

Joachim Cäsar-Preller ist über seine Hunde auf den Hund gekommen. Genauer gesagt: Auf den Hund als Streitgegenstand vor Gericht. Für den 51 Jahre alten Rechtsanwalt aus dem hessischen Wiesbaden sind Prozesse rund ums Haustier ein festes Standbein seiner Kanzlei. „Es sind viele Menschen auf uns zugekommen und haben um Rat und Vertretung in tierrechtlichen Angelegenheiten gebeten“, sagt der Jurist. Und damit nicht jeder Nachbarschaftsstreit wegen Hunden, Katzen oder Vögeln gleich vor dem Richter landet, bietet Cäsar-Prellers Frau Birgit Hilfe als Mediatorin an.

„Wir haben selbst Hunde. Früher haben wir schon mal mehr gehabt. Jetzt haben wir zwei“, berichtet Cäsar-Preller. Seine Kanzlei liegt in einer Wiesbadener Altbauvilla. Beim Gespräch sind die winzigen Chihuahuas der Familie dabei: Die weiße Bambi ist vier Jahre alt, der etwas gelblichere Quirl zählt zwei Lenze.

Die Tierliebe der Deutschen sorgt dafür, dass der Kanzlei und den wenigen anderen Rechtsanwälten, die auf Tierrecht spezialisiert sind, die Mandate nicht ausgehen. Nach Berechnungen der Heimtierbranche wurden 2012 in Deutschland 7,4 Millionen Hunde gehalten. In Wohnungen und Gärten schnurrten mehr als zwölf Millionen Katzen. Dazu kommen zahllose Nager, Vögel und Fische. Für Futter und Pflege ihrer Lieblinge wendeten die Deutschen jährlich knapp vier Milliarden Euro auf.

Rechtliches Konfliktpotenzial gibt es genug. Waldi bellt zu laut in der Mietwohnung, Bello hat das Nachbarskind gebissen, der teure Tierarzt hat bei der Behandlung von Miezi einen Fehler gemacht. Es gebe aber nur wenige Juristen, die sich mit Heimtierrecht befassen, heißt es beim Deutschen Anwaltverein in Berlin. „Das kann ein erfolgreiches Modell sein“, sagt Sprecher Swen Walentowski. Sehr einträglich sei Tierrecht aber nicht - mit einer Ausnahme: „Pferderecht ist lukrativ.“

Und wer erbt nun nach Omas Tod ihren Dackel? Das sollte sie vorher regeln und mit dem Erben absprechen, sagt Cäsar-Preller. Wer darf nach der Scheidung die Katze behalten? Da gilt es abzuwägen: „Wo fühlt sich das Tier wohler, wer kann sich mehr kümmern?“ Es klingt fast wie die Sorgerechtsentscheidung über ein Kind.

Die zunehmende Klagefreudigkeit in Sachen Haustiere sagt für das Ehepaar viel über gesellschaftliche Entwicklungen aus. „Tiere werden sehr vermenschlicht“, sagt Birgit Cäsar-Preller. „Tiere dienen immer häufiger als Partnerersatz oder Kinderersatz.“

Bei aller Liebe zu den eigenen knuddeligen Vierbeinern sehen die Eltern von zwei „hoffentlich wohlgeratenen“ Kindern Tiere nüchterner. Juristisch ist ein Tier wenig mehr als eine Sache, es ist aber in seinen Rechten als Lebewesen geschützt. „Ein Tier kann nicht seine eigenen Rechtsgeschäfte regeln“, sagt Cäsar-Preller. Deshalb können Tiere in Deutschland auch nicht erben.

Seine Rechtsratschläge für Tierbesitzer stellt das Paar ins Internet, die beiden haben auch ein Buch verfasst. Joachim Cäsar-Preller war Gast bei einer Tiersendung, seine Frau will weitere Tiermediatoren ausbilden. Natürlich machen auch bei Cäsar-Preller Steuer-, Straf- und Wirtschaftsrecht die Masse der Arbeit aus. Doch das Spezialangebot Tierrecht helfe, Mandanten zu gewinnen. „Wenn man für den Liebling, das Tier, gute anwaltliche Arbeit gemacht hat, kommen die Leute auch mit anderen Fällen.“

Auch die Anwältin Martina Heck in Köln bietet Rechtsbeistand „Rund um den Hund“ an. „Das ist ganz normales Zivilrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht - nur eben mit Schwerpunkt Tiere“, sagt sie. Wie die Wiesbadener Kollegen ist sie durch eigene Tiere auf das Spezialgebiet gekommen. Derzeit hält sie einen Hütehundmischling aus dem Heim. Ihr Wunsch: Hundebesitzer müssten mehr über das Verhalten ihrer Tiere wissen, um sie besser erziehen zu können. Dabei könne ein Hundeführerschein helfen.

Birgit Cäsar-Preller sieht dagegen eine Führerscheinpflicht kritisch, wie sie vergangenes Jahr auch im hessischen Landtag diskutiert wurde. Für bestimmte große Hundearten, deren Bisse gefährlich sind, müssten die Halter schon jetzt die Eignung nachweisen. „Ob das auch für Hunde wie Chihuahuas sinnvoll ist, würde ich in Abrede stellen.“