ADAC testet Kreuzfahrtschiffe - Aida Branchenbester
München (dpa) - Im Januar rammte die „Costa Concordia“ einen Felsen, 32 Menschen starben. Jetzt hat der Autoclub ADAC mehrere Kreuzfahrtschiffe getestet - und Mängel gefunden. Branchenführer Aida ist auch beim Thema Sicherheit Erster.
Kreuzfahrtschiffe haben nach einer ADAC-Stichprobe Nachholbedarf beim Sicherheitsmanagement. Ein halbes Jahr nach der Havarie der „Costa Concordia“ nahm der Autoclub zehn Ozeanriesen unter die Lupe. Die Hälfte dieser Schiffe habe per Ausnahmegenehmigung wasserdichte Türen unterhalb der Wasserlinie auf See offen lassen dürfen - darin sahen die Tester das größte Problem und „ein nicht zu unterschätzendes Risiko“. Offene Schotten könnten „schwerwiegende Folgen haben, wenn etwa ein Schiff Leck schlägt, Wasser eintritt und sich schnell und unkontrolliert im Rumpf ausbreitet“, hieß es vom ADAC.
Insgesamt attestierte der Autoclub den Kreuzfahrtschiffen aber einen guten oder sogar sehr guten Zustand. Zwei Schiffe des deutschen Branchenführers Aida Cruises mit Sitz in Rostock sind ganz vorn. Die „Aida Bella“ und die „Aida Diva“ erhielten als einzige Schiffe ein „sehr gut“. Der ADAC-Test bestätige die hohen Sicherheitsstandards an Bord der Flotte“, sagte Aida-Präsident Michael Ungerer. Dass alle getestete Schiffe ein gutes Ergebnis erzielten, sei ein Zeichen für den hohen Sicherheitsstandard in der Kreuzfahrtindustrie.
Bei den zehn Schiffen gab es laut ADAC moderne Sicherheits-, Rettungs- und Brandschutzeinrichtungen. Die Besatzung sei meist professionell gewesen. Allerdings beanstandeten die Tester auf den Schiffen „Norwegian Epic“, „MSC Fantasia“, „Navigator of the Seas“, „MSC Splendida“ die Seenotrettungsübungen. Teils seien diese zu oberflächlich gewesen oder es seien nicht alle Passagiere zusammengerufen worden.
Das größte Problem sah der ADAC unterhalb der Wasserlinie: Die „Adventure of the Seas“, „Norwegian Epic“, „MSC Fantasia“, „MSC Orchestra“ und die „MSC Splendida“ hätten Ausnahmegenehmigungen ihrer Flaggenstaaten gehabt. Damit durften die wasserdichten Türen im Schiffsinneren auf See offen bleiben, um Arbeitsabläufe zum Beispiel in der Wäscherei oder in den Lagerräumen zu erleichtern.
Getestet wurden auch zwei Schiffe der Genueser Reederei Costa Crociere, zu der die am 13. Januar havarierte „Costa Concordia“ gehörte. Die „Costa Fascinosa“ schnitt bei allen Testpunkten „gut“ oder „sehr gut“ ab - auch beim Sicherheitsmanagement.
Bei dem 4880 Personen fassenden Luxusliner „Costa Serena“ sei die Zusammenarbeit verweigert worden, hieß es beim ADAC. Die Reederei teilte dazu mit, es sei zu Missverständnissen gekommen, die Costa bedauere. „Der ADAC ist jederzeit willkommen an Bord. Daher wurde auch voll mit den ADAC Testern auf der 'Costa Fascinosa', dem Schwesterschiff der 'Costa Serena', kooperiert und die Bewertung des Schiffes ermöglicht.“ Der ADAC sei eingeladen, jederzeit die Bewertung der „Costa Serena“ nachzuholen. Die Einladung gelte auch für alle anderen Schiffe der Costa-Flotte.
Die „Costa Concordia“ war am 13. Januar zu nahe an die Insel Giglio herangefahren, hatte einen Felsen gerammt und war dann mit 4200 Passagieren und Crew-Mitgliedern an Bord gekentert. Bei dem Unfall waren 32 Menschen umgekommen, unter ihnen 12 Deutsche.
Umweltschützer teilen das insgesamt positive Urteil jedoch nicht. Der NABU wies auf die Umweltverschmutzung durch die Schiffe hin. „Die vom ADAC getesteten Kreuzfahrtschiffe haben weder Rußpartikelfilter noch Stickoxidkatalysator an Bord und fahren allesamt mit giftigem Schweröl. Aus diesem Grund würde keines der zehn getesteten Schiffe den NABU-Umweltcheck bestehen“, sagte Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die Sicherheitsvorkehrungen für die Gesundheit der Passagiere und für die Umwelt seien nicht ausreichend.
Nach NABU-Berechnungen stößt ein einziges Kreuzfahrtschiff so viele Luftschadstoffe wie fünf Millionen moderne Pkw. Was bei Autos, Bussen und zunehmend auch bei Lokomotiven und Binnenschiffen Standard sei, werde von den Kreuzfahrtreedereien aus Profitgier verweigert: der Umstieg auf vergleichsweise sauberen Schiffsdiesel und Abgastechniken zum Schutz von Passagieren und Küstenbewohnern.
Erst vor wenigen Wochen habe eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO nachgewiesen, dass Rußpartikel aus Dieselmotoren krebserregend sind. „Dennoch stattet bisher keiner der vom ADAC getesteten Reeder seine Schiffe mit wirksamen Rußpartikelfiltern aus“, kritisierte der NABU.