Run auf die Drehorte Friesland, Spreewald, Bad Tölz: Der TV-Tourismus boomt

Berlin (dpa) - TV-Serien und -Filmen gelingt in seltenen Fällen Kultstatus. Manche, wie die „Schwarzwaldklinik“, behalten dieses Image auch noch lange nach ihrem Verschwinden vom Bildschirm. Einige Produktionen wirken sich sogar auf den örtlichen Tourismus aus.

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Ob der „Friesland-Krimi“ in Leer, der „Spreewaldkrimi“ oder die Autoschrotter von „Alarm für Cobra 11“ - da sind einige Fans unterwegs. Hier einige Beispiele:

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„Friesland“-Krimi (ZDF):

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Im Winter 2016 gab es an zwei Februar-Samstagen während der Krimi-Ausstrahlung insgesamt rund 2100 Zugriffe auf die Website der Stadt Leer, sagt Stadtsprecherin Grit Fokken. Bei der Touristikgesellschaft „Südliches Ostfriesland“ gingen in den folgenden drei Tagen gut 50 Prozent mehr Anrufe und Prospektanfragen ein als in den Tagen zuvor. Ein Rundgang zu den Drehorten wird gerade erarbeitet, und gibt es schon Überlegungen für Merchandising-Artikel.

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„Spreewaldkrimi“ (ZDF):

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Wenn der „Spreewaldkrimi“ im ZDF läuft, dann passiert bei der Spreewald-Touristinformation in Lübbenau in den Folgetagen das: Die Klickzahlen auf der Internetseite steigen, und es rufen verstärkt Leute an, die Urlaubsprospekte aus der Region anfordern. Die TV-Reihe trage zur Popularität des Spreewaldes bei, sagt der Sprecher der Touristinformation, Daniel Schmidgunst. Lübbenau gilt als touristisches Zentrum in dem Biosphärenreservat in Brandenburg. Die kleine Stadt mit Kahnhafen ist auch immer wieder Drehort für den „Spreewaldkrimi“ mit Schauspieler Christian Redl. Seit dem vergangenen Jahr gibt es sogar einen geführten Rundgang zu Drehorten in der Stadt. Laut Schmidgunst ist die Resonanz hoch.

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„Alarm für Cobra 11“ (RTL):

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Die Produktionsfirma action concept bietet für Fans von „Alarm für Cobra 11“ in diesem Jahr 16 Backstage-Touren auf ihrem Gelände in Hürth an. Mittels moderner Filmtechnik simulieren Fans vor einem sogenannten Greenscreen einen Sprung aus einem brennenden Helikopter. „Außerdem werden auf unserem Gelände Stuntfahrten angeboten. Die Gäste nehmen als Beifahrer neben einem Stuntfahrer Platz und driften mit ihm im Auto um die Kurven“, sagt Magdalena Pelc, Sprecherin von action concept. Die Produktionsfirma rechnet 2017 mit 320 Besuchern. Die Tendenz sei steigend.

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„Alles was zählt“ (RTL):

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In den Produktionsstudios in Köln-Ossendorf können Fans der Serie „Alles was zählt“ den fiktiven Essener Bezirk Schotterberg besuchen, wo die Seifenoper laut Drehbuch spielt. „Wir begrüßen bei unseren Studioführungen 25 000 Gäste im Jahr“, sagt Hans-Jörg Seibold, Sprecher der Produktionsfirma MMC. In den MMC-Studios werden neben den Fernsehserien „Alles was zählt“ und „Unter uns“ auch große TV-Shows wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Die Höhle der Löwen“ produziert. „Die ansässige Medien- und Kreativwirtschaft prägt das Image der Stadt Köln“, erklärt Claudia Neumann, Sprecherin von Köln Tourismus. Der Besuch von Produktionsstätten und Drehorten sei durchaus ein Reiseanlass von Köln-Touristen.

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„Verbotene Liebe“ (ARD):

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Schloss Königsbrunn nahe Düsseldorf existiert nur in der Fantasie von Drehbuchautoren. Der Drehort, der von 1995 bis 2015 ausgestrahlten Serie „Verbotene Liebe“ heißt in Wirklichkeit Schloss Ehreshoven und liegt in Engelskirchen im Bergischen Land. Anhänger der Seifenoper reisen deutschlandweit an, um auf dem Anwesen zu heiraten. „Die Möbel des heutigen Trauzimmers stammen noch aus der Serie“, sagt Standesbeamtin Barbara Schmidt. „Die Schlossverwaltung hat sie der Produktionsfirma damals abgekauft“. Der Großteil des Schlosses wird als Damenstift genutzt. Derzeit werden neun katholische, adlige Damen dort beherbergt.

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„Tatort: Köln“ (ARD):

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Tatsächlich können „Tatort“-Fans das berühmteste Requisit der Kölner Ausgabe der Krimireihe besuchen und sich dort wie die Kommissare Ballauf und Schenk eine Currywurst mit Pommes genehmigen. Allerdings haben sie dann nicht den eindrucksvollen Blick auf die Kölner Skyline, denn die „Wurstbraterei“ steht nur für den „Tatort“-Dreh auf der sogenannten „Schäl Sick“. Für den täglichen Betrieb parkt der Inhaber seinen Imbisswagen im Rheinauhafen, nahe der Südbrücke.

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„Der Bergdoktor“ (ZDF):

Die ZDF-Serie mit Hans Sigl ist für die Region Wilder Kaiser (Tirol) ein großer Gewinn. „Die Serie ist nach zehn Jahren nicht nur Image-Werbung, sondern ist auch ein Buchungsthema“, sagt der Geschäftsführer des Tourimusverbands Lukas Krösslhuber. Die Menschen fragen ausdrücklich nach den Drehorten wie dem Dorfplatz, der Praxis und dem Wohnhaus der Grubers. Wanderungen, Kutschfahrten und E-Bike-Touren sind im Angebot, seit 2011 werden Fan-Tage im Mai und Oktober veranstaltet. Die 1300 Tickets für den Mai seien bereits weg, sagt Krösslhuber. Dort schreiben Sigl und andere Darsteller stundenlang Autogramme. Seit 2013 seien die Buchungen im Sommer um 27 Prozent geklettert. „Wohl die Hälfte davon kam dank des "Bergdoktors".“

„Rote Rosen“ (ARD):

Die ARD-Serie „Rote Rosen“ ist aus Lüneburg kaum wegzudenken. Die Außenaufnahmen entstehen in der romantischen Altstadt, das Studio für die Innenaufnahmen steht am Stadtrand. Einmal im Jahr gibt es dort einen Fan-Tag für die Anhänger. „Eine bessere Werbung können wir uns nicht vorstellen“, sagt Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD). Schon einige Monate nach dem Start der Serie im Jahr 2006 seien die Übernachtungszahlen in Lüneburg gestiegen, heißt es im Rathaus. Waren es damals noch rund 225 000 im Jahr, wurden 2015 fast 319 000 gezählt. Die Zahl der Gruppenführungen zur Serie habe sich von 35 im Jahr 2008 auf 175 im vergangenen Jahr verfünffacht. Die Rosen-Führungen sind meist ausgebucht, sie starten am Rathaus. Dort haben die „Rosen“-Souvenirs eine eigene Ecke in der Tourist-Info.

„Tierärztin Dr. Mertens“ (und Dauer-Doku „Elefant, Tiger & Co“, ARD):

Beide hätten für den Zoo Leipzig eindeutig positive Effekte, sagt Sprecherin Melanie Ginzel. „Wir erleben immer wieder, dass Besucher nach Leipzig kommen, weil sie den Zoo im Fernsehen gesehen haben.“ In Zahlen lasse sich das nicht fassen. Aber sowohl aus Zuschriften aller Art als auch aus Reaktionen an den Gehegen, wenn etwa aus dem TV bekannte Pfleger angesprochen werden, lasse sich das ablesen. Beide Sendungen seien perfekt dafür, um Menschen tierische Themen nahezubringen.

„Soko Wismar“ (ZDF):

Die Hansestadt Wismar profitiert nach Einschätzung der Tourismuszentrale klar von der TV-Serie von der Vorabendkrimiserie. Bei einer Umfrage in den Jahren 2015 und 2016 nannten 15 Prozent der Befragten als Reisemotivation und -information „Film und Fernsehen“, wie eine Sprecherin sagte. Dabei dürfte es sich hauptsächlich um „Soko Wismar“-Zuschauer handeln, meinte sie. Zu merken sei die Begeisterung an der Serie auch an den Teilnehmerzahlen der öffentlichen Stadtführung „Soko-Wismar, auf den Spuren der beliebten Fernsehserie“. Im vergangenen Jahr nahmen den Angaben zufolge mehr als 1100 Gäste an 40 Führungen teil. Ein spezieller Flyer stellt Drehorte in der Stadt vor, die besichtigt werden können.

„Wilsberg“ (ZDF):

Das „Antiquariat Wilsberg“ aus der gleichnamigen ZDF-Krimiserie existiert wirklich in Münsters Stadtzentrum. Eigentlich heißt es aber „Antiquariat Michael Solder“, nur zweimal im Jahr wird das Schild für die Dreharbeiten ausgetauscht. Die Serie hat dem Geschäft eine gewisse Berühmtheit verschafft, regelmäßig gibt es Besuch von Touristen. „Manchmal kommen busseweise Leute“, sagte Besitzer Michael Solder, dessen Geschäft seit knapp 18 Jahren als Kulisse für die Serie dient.

„Schimanski“ (ARD):

Seit 2013 heißt eine knapp 30 Meter lange Straße im Duisburger Hafenviertel Ruhrort „Horst-Schimanski-Gasse“, benannt nach dem fiktiven Kult-Kommissar aus dem „Tatort“. „Schimanski ist kein touristisches Aushängeschild, aber er hatte positive Bedeutung“, erklärte Pressesprecher Peter Hilbrands von der Stadt Duisburg. Es gebe sogar geführte „Schimmi“-Touren entlang der früheren Drehorte. Auf der Schimanski-Fanseite gibt es einen eigenen Info-Bereich zu dieser Gasse. Als George 2016 starb, legten Fans Blumen in der Gasse ab, um sich von „Schimanski“ zu verabschieden.

„Großstadtrevier“ (ARD):

Der Tourist steht gerne vor der Davidwache auf der Reeperbahn, die seit 30 Jahren im TV als Schauplatz für das „Großstadtrevier“ dient, im Glauben, er betrachte auch das Seriendomizil. Gedreht wird für die Serie allerdings in Hamburg-Bahrenfeld. Generell gilt: „Was wir spüren ist, dass Filme wie der "Tatort", ob nun mit Til Schweiger oder Wotan Wilke Möhring, auch für Hamburg eine hohe Aufmerksamkeit bringen“, sagt Sascha Albertsen von der Hamburg Torismus GmbH. „Gerade bei solchen größeren Produktionen mit entsprechender Reichweite beobachten wir sehr genau, wie das in den sozialen Medien sehr stark kommentiert und diskutiert wird.“

„Schwarzwaldklinik“ (ZDF):

Die ZDF-Serie ist zwar schon zwar mehr als 30 Jahre alt, doch die „Schwarzwaldklinik“ zieht noch immer Besucher an. Das markante Klinikgebäude in Glottertal, Symbol für TV-Unterhaltung der 1980er Jahre, ist eine der weltweit bekanntesten Fernsehkulissen. „Die Nachfrage ist zwar nicht mehr so stark wie damals, als die Serie gedreht wurde und Menschenmassen an den Drehort kamen“, sagt Bürgermeister Karl Josef Herbstritt. Geworben werde mit der Schwarzwaldklinik aber nicht. Der Grund: Im Gebäude in Glottertal ist eine echte Klinik untergebracht. Um Patienten nicht zu stören, müssen Schaulustige Abstand halten. Geschaut werden darf nur von außen - mit gebührendem Abstand.

„Der Bulle von Tölz“ (Sat.1):

Die Stadt Bad Tölz habe von der Serie „Der Bulle von Tölz“ profitiert, sagt Susanne Frey-Allgaier von der örtlichen Kur- und Tourismusdirektion. Wenn die Serie wiederholt wird, spüre man das Interesse etwa an den Zugriffszahlen auf die Homepage. Genaue Daten sammelt die Stadt dazu aber nicht. „Vor zwei Jahren war die Serie ein großes Thema in Tschechien, das haben wir direkt gemerkt“, sagt sie. Die Stadt veranstaltet einmal im Monat eine Führung auf den Filmspuren in Bad Tölz, die sehr gut nachgefragt sei. Inzwischen gebe es einen Bullenbrunnen mit Figuren aus der Serie und ein Museum.

„Der Landarzt“ (ZDF):

Es ist Jahre her, dass Wayne Carpendale zuletzt als „Landarzt“ Dr. Jan Bergmann in Angeln durch leuchtend gelbe Rapsfelder fuhr. Doch die Tourismusregion Ostseefjord-Schlei profitiert auch nach dem Ende 2012 noch von der ZDF-Vorabendserie. „Sie ist 25 Jahre lang gelaufen, eine Werbung, die wir im Leben nicht hätten bezahlen können“, sagt Tourismus-Sprecherin Andrea Simons. Die Serie habe sich in die Köpfe der Zielgruppe eingebrannt - und noch heute gebe es etwa eine „Landarzt“-Stadtführung in Kappeln. In der einstigen Fernsehpraxis auf dem Lindauhof gibt es ein Café - jede Menge alte Fotos von Dreharbeiten zu der 297-teiligen Serie inklusive.

Tausend Meter über der Wüste
Jebel Hafeet: In Schlangenlinien auf Abu Dhabis höchsten Gipfel und von dort die Aussicht genießen Tausend Meter über der Wüste