Kritik an Urlaubern in muslimischen Ländern

Bonn (dpa/tmn) - Einige deutsche Touristen benehmen sich überall auf der Welt gerne so wie auf Mallorca. Ihnen erscheint das selbstverständlich. In manchen muslimischen Ländern ist es das aber nicht.

Dort werden die Diskussionen darüber lauter, was touristisch erlaubt ist.

Bikiniverbot am Strand und an der Hotelbar nur alkoholfreie Cocktails? Für viele europäische Touristen ist das eine bizarre Vorstellung. In einigen muslimischen Ländern aber hat die Diskussion darüber, was im Tourismus erlaubt ist und was die jeweiligen Traditionen und religiösen Vorschriften verbieten, neuen Auftrieb bekommen. Welche Folgen das haben wird, sei noch schwer einzuschätzen, sagte Heinz Fuchs von der Arbeitsstelle Tourism Watch beim Evangelischen Entwicklungsdienst.

Möglicherweise werde sich der Tourismus noch stärker segmentieren: Wenn sich für den Konflikt keine Lösung findet, könnten Touristen solche Länder komplett meiden oder dort in Hotelanlagen unter sich bleiben, die wie Enklaven abgeschlossen sind und den Kontakt zu Einheimischen unmöglich machen. Es lasse sich bereits beobachten, dass solche Länder, in denen über die Einschränkung der Freiheiten für Urlauber diskutiert wird, aus Sicht europäischer Touristen ein negatives Image bekommen, sagte Fuchs. Das könne dazu führen, dass auch die Motivation nachlässt, Reisen dorthin zu buchen.

Selbst Reiseziele, die in dieser Hinsicht jahrelang nicht von sich reden machten wie die Malediven, waren inzwischen in den Schlagzeilen: Erst nach erheblichen Protesten aus der Tourismusbranche nahm die Regierung des südostasiatischen Inselstaates Anfang dieses Jahres die Anordnung zurück, in den Hotels die Wellnessabteilungen zu schließen. Islamistische Parteien auf den Malediven hatten sich vor allem an den Massage-Angeboten in Luxushotels und Resorts gestört und geargwöhnt, dabei gehe es um Sex. Die Wellness-Einrichtungen seien getarnte Bordelle, lautete der Vorwurf.

Der erste demokratisch gewählte Präsident der Malediven ist nun am Dienstag (7. Februar) nach wochenlangen Protesten der Opposition zurückgetreten. Auswirkungen auf die Touristen habe das nicht, versicherte das Tourismusministerium. Aber die Frage bleibt, wie sich muslimische Traditionen und Badeurlaub sonnenhungriger Touristen aus Europa und den USA miteinander verbinden lassen.

„Ähnliche Diskussionen gibt es auch in Tunesien und Ägypten“, sagt Heinz Fuchs. Gerade in Ländern, die wirtschaftlich auf den Tourismus angewiesen sind, könne es Konflikte geben, wenn sie dafür eine absolut westlich geprägte Form von Tourismus akzeptieren müssten. „Ob das heute häufiger als in vergangenen Jahren und ob es eine Art islamisches Mainstreaming ist, kann ich schwer abschätzen“, sagte Fuchs. „Aber die Diskussion hat eine andere Qualität bekommen.“ Ein Indiz dafür sei zum Beispiel die Diskussion in Ägypten über die Frage, welche Bademode an den Stränden erlaubt sein soll.

Dass der Burkini statt der Bikini in Badeorten mancher muslimischer Länder künftig Standard wird, sei zumindest nicht auszuschließen. „Die Freizügigkeit hat möglicherweise ihre Grenzen erreicht.“ Tatsächlich müsse man die Frage stellen, ob zum Beispiel Nacktbaden in muslimischen Ländern erlaubt sein müsse. „Es ist eben die Frage, ob sich Tourismus nach dem einen Konzept, das wir gewohnt sind, in der ganzen Welt etablieren lässt.“ Was Tourismus ist und wie er aussieht, werde derzeit noch weitgehend von Europäern und Amerikanern bestimmt. Aber das müsse nicht so bleiben.

Bisher lebe Tourismus gerade von der Nichtregulierung. Nun gebe es verstärkt an solchen Stellen Begrenzungen, die man nicht erwartet hat - etwa in muslimischen Ländern, die auf ihre Traditionen pochen und bestimmte Formen von Badeurlaub nicht akzeptieren wollen. „Die Tourismusformen werden sich wandeln“, sagte Fuchs. „Das liegt schon daran, dass es ganz neue Herkunftsländer der Touristen gibt.“ So werden Asien und zum Beispiel China für den Tourismus der Zukunft eine viel größere Rolle spielen. Die Vorstellung von Urlaub werde eine andere: Planschen im Pool und Sonnenbaden im Bikini werden global gesehen möglicherweise deutlich an Bedeutung verlieren.

Tausend Meter über der Wüste
Jebel Hafeet: In Schlangenlinien auf Abu Dhabis höchsten Gipfel und von dort die Aussicht genießen Tausend Meter über der Wüste