Ohne Motor geht nichts: Segeltour zu den Kykladen

Piräus (dpa/tmn) - Das Spektakel der Kreuzfahrtriesen können Motorsegler wie die „Galileo“ nicht bieten. Auf den Kykladen haben die kleineren Schiffe aber einen entscheidenden Vorteil: Sie können Inseln abseits der Touristenströme anlaufen.

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Die Show auf der „Galileo“ beginnt nach dem Frühstück. Zwei Matrosen ziehen an den Tauen, das Großsegel entrollt sich, bläht sich im Wind. Die Urlauber fotografieren entzückt. Und überhören gern, dass der Motor weiterbrummt. „Auf diesem Schiff sind die Segel nur zum Angucken“, gibt Diogenis Venetopoulos zu. „Wir versuchen, sie jeden Tag eine Stunde rauszulassen. Aber der Motor bleibt immer an.“

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Der 34-Jährige ist der Chef von Variety Cruises, sein Großvater mit dem gleichen Namen gründete die Reederei. Ab 1949 brachte er deutsche Urlauber nach Griechenland, 1968 baute er ein Fischerboot um und schipperte Gäste von Insel zu Insel. Den Deutschen gefiel es. Die Kreuzfahrt durch die Kykladen wurde zum Klassiker, an der Route hat sich bis heute nicht viel geändert.

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Verglichen mit modernen Kreuzfahrtschiffen ist auch die „Galileo“, 1992 gebaut, eher rustikal. Aber sie hat einen großen Vorteil: Sie ist klein, 48 Meter lang, 10 Meter breit und fasst maximal 49 Passagiere. Und kann damit auf der einwöchigen Rundfahrt Inseln anlaufen, deren Häfen für die Riesenpötte zu seicht und eng sind.

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Am ersten Abend gleitet das Schiff bei bestem Fotolicht durch den schmalen Kanal zwischen Poros und dem Peloponnes. Es ist Freitag, wie jedes Wochenende sind wohlhabende Athener nach Poros geflüchtet. Ein paar Protz-Jachten liegen vor Anker. Aber die meisten Stühle in den Restaurants und Cafés entlang der Uferpromenade bleiben leer.

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Über Nacht tuckert die „Galileo“ weiter. Die Passagiere wachen in Polyegos auf, der größten unbewohnten Insel der Kykladen. Der erste Schwimmstopp. Macchia-Pflanzen überziehen die Hügel bis hinab zu den rund gewaschenen Kalkfelsen. Unter Wasser sehen sie aus wie der fleckige Panzer einer Schildkröte.

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Während der Fahrten lesen und dösen die Passagiere auf dem Sonnendeck. Man kommt schnell ins Gespräch. Ein Paar aus Australien erzählt, dass es die Reise von den Kindern geschenkt bekommen hat und zum ersten Mal in Europa ist. Ein Woody-Allen-Double, die Hose weit über das Bäuchlein hochgezogen, ist aus Wales mit dem Zug angereist. Und zwei tätowierte Argentinier wundern sich. Sie hatten auf junge Leute und Party an Bord gehofft. Aber der Altersschnitt auf der „Galileo“ dürfte jenseits der 50 liegen.

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Aus der Ferne, vom Sonnendeck aus betrachtet, sind die Kykladen reizlos. Kahle, graubraune Hügel, von der Sonne durchglüht. Bezaubernd sind die Kreisinseln erst, wenn man im Hafen festmacht und hinaufsteigt zum jeweiligen Hauptort, der sogenannten Chora. Die Städtchen, aus Angst vor Piratenüberfällen hoch auf die Hügel gebaut, sind so malerisch, dass sie künstlich wirken. Die blendend weißen Mauern und Treppen, die blau gestrichenen Fenster und Balkone, dazwischen die Farbexplosionen der Bougainvillen-Sträucher. Das schönste Städtchen von allen liegt auf Folegandros.

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In Santorin ist das Bild komplett anders. An diesem Frühsommertag haben fünf Kreuzfahrtschiffe im Hafen der berühmten Vulkaninsel angelegt. Vor der Seilbahn stauen sich die Besuchermassen, oben auf den Klippen schieben sie sich durch die Gassen der Dörfer Fira und Oia. „Mausi, ich will aber auch was sehen, nicht nur durchhetzen“, nölt eine korpulente Besucherin aus Deutschland. „Dann musst du allein gehen“, bellt ihr Mann genervt zurück. Gedrängel, Gerempel, Kopfschütteln. Ein Spanier verliert die Fassung und schreit ein paar Engländer an, die durch sein Bild gehen.

Die „Galileo“ schippert weiter, Schwimmstopp vor Antiparos, Ausflug auf Paros, Weiterfahrt nach Mykonos. Ein echtes Segelschiff kreuzt unseren Weg, die Passagiere fotografieren es entzückt. Nachfrage beim Kapitän: Warum segeln wir eigentlich nicht? „Nur mit den Segeln könnte ich drei Knoten erreichen, das ist gar nichts“, erklärt Nikolas Tsoubakopoulos. „Mit dem Motor fährt das Schiff durchschnittlich zehn Knoten, maximal zwölf.“ Und das volle Programm der Kreuzfahrt lässt keine Verspätungen zu.

Während die Matrosen am letzten Tag das Schiff schrubben für die nächsten Gäste, spielt der Kapitän mit einem Offizier in Badehose Beachball. Auf einer Kreuzfahrt mit einem der Riesenpötte wäre solch eine Szene undenkbar. „Mir gefällt, dass sich alle hier an Bord kennen lernen“, sagte Alejandro Montoja aus Peru am ersten Tag der Kreuzfahrt. „Vielleicht sind wir am Ende eine große Familie.“ Ein bisschen hat er recht behalten.