Der Rocker und die Königin
Reisen auf See trotzen der Krise. Rund eine Million Passagiere gingen 2009 an Bord.
Hamburg. Nie zuvor gingen so viele deutsche Passagiere an Bord, erstmals könnten es im Jahr 2009 mehr als eine Million Hochseegäste gewesen sein. Auch 2010 soll ein Jahr der Rekorde für den Urlaub auf dem Wasser werden - und noch nie gab es in den deutschen Häfen so viele Schiffe zu sehen.
Hamburg weiß, wie man die Kreuzfahrt zelebriert. Als 2004 die "Queen Mary 2" das erste Mal in den Hafen einlief, stand eine halbe Million Menschen Spalier - "Seh-Leute", wie die Schiffs-Schaulustigen fortan genannt wurden. Nicht anders war es im April 2007 bei der spektakulären Taufe der "Aidadiva", die zu einem Medienereignis wurde. Hunderttausende verfolgten die Inszenierung im Hafen, bundesweit sahen fast fünf Millionen Zuschauer die Übertragung im Fernsehen. Dieses Jahr bietet der Hamburger Hafen den "Seh-Leuten" vier Großereignisse.
Erster Höhepunkt ist die Taufe der "Aidablu" am 9. Februar. Der Fischmarkt verwandelt sich zu diesem Anlass in ein Winterdorf mit Riesen-LED-Leinwand und Unterhaltung auf vier Bühnen. Vor dieser "Kitzbühel-Kulisse" lässt dann Designerin Jette Joop die Champagnerflasche am Rumpf des mittlerweile siebten Aida-Schiffes zerschellen. Die "Aidablu" ist für die Jungfernreise nach Mallorca ausgebucht.
Einen Monat später: Erstmals tauft die italienische Reederei MSC ein Schiff in Deutschland und fliegt dazu einen Weltstar ein - Taufpatin ist Filmdiva Sophia Loren, die am 6. März der "MSC Magnifica" auf italienisch "eine Handbreit Wasser unter dem Kiel" wünscht. Landsmann Eros Ramazotti gibt ein Konzert vor der Kulisse des Hafens.
Ein anderer Musiker hat gleich ein ganzes Schiff gekapert: Udo Lindenberg. Am 5. Mai startet der erste Rock-Liner - die "Mein Schiff" von TUI Cruises - mit dem Panik-Rocker, Nina Hagen und Jan Delay Richtung Dover in London. Rückkehr ist am 8. Mai zum Feuerwerk beim Hamburger Hafengeburtstag. Zu Besuch ist dann auch die "Queen Mary 2", die zeitgleich den Hafen verlassen wird. Zwei weitere Male nach Hamburg kommt die "Königin": am 16. und 26.August.
Ein Schaulaufen der Schiffe gibt es bei den "Cruise Days" vom 30. Juli bis 1. August: Mit der "Aidaaura", "Aidaluna", "MS Deutschland", "MS Astor", "Mein Schiff" und "MS Columbus" sind gleich sechs Kreuzfahrtschiffe angekündigt.
Die größte Schiffsdichte präsentiert allerdings der Seehafen Kiel: 134 Schiffsanläufe erwartet die Fördestadt in diesem Jahr. Dazu kommen die täglichen Abfahrten der "Kreuzfahrtfähren" "Color Fantasy" und "Color Magic" sowie anderer Fährlinien nach Skandinavien und ins Baltikum.
Auch der zweite Rock-Liner von Udo Lindenberg startet von Kiel aus: Am 28. August sticht der Panik-Rocker mit "Mein Schiff" in Richtung Oslo und Kopenhagen in See.
Karten gibt es keine mehr, der "Panik-Cruise" mit 2000 Passagieren war innerhalb von fünf Stunden ausverkauft. Aber für das Ablegen hat Udo einen "Auslauf-Blues" mit 120 Gitarristen an der Reling geplant.
Beste Voraussetzungen für "Seh-Leute" bietet der moderne Kreuzfahrt-Terminal von Warnemünde. Am 16. Juni dürften vor allem Kinder dort etwas zu sehen bekommen, denn dann wird Warnemünde zu Entenhausen: Die "Disney Magic" von Disney Cruises läuft erstmals einen deutschen Hafen an und schickt Mickey Mouse, Goofy und Donald auf Landgang.
Mit "Port-Partys" feiern die Rostocker das Ablegen der Schiffe in ihrem Hochseehafen. Und selbst Rügens Fährhafen Sassnitz bekommt dieses Jahr Kreuzfahrt-Besuch: Dreimal ist "Mein Schiff" zu Gast auf Deutschlands größter Insel. .
Reges Treiben herrscht 2010 auch an Bremerhavens Pier: Mehr als 50 Kreuzfahrtschiffe werden am Columbus Cruise Center festmachen.
Auch Nord- und Ostseeurlauber können im Strandkorb zu "Seh-Leuten" werden: Die "MS Columbus" läuft am 20. Mai die Ferieninsel Amrum an, einen Tag später Sylt.
Die "MS Bremen" kommt am 27. Juni nach Travemünde und bricht von dort zu einer Expeditionsfahrt nach Spitzbergen auf. Und die "MS Europa" besucht die Hansestadt Wismar (22.August) und Usedoms Seebad Heringsdorf (23. August).
Wer es gar nicht abwarten kann, besucht die Meyer-Werft in Papenburg im Emsland. Dort ist mit der "Aidasol" bereits das nächste deutsche Schiff auf Kiel gelegt.
Wenn von Papenburg die neuen Schiffe über die Ems zur Nordsee fahren, gehört das zu den spektakulärsten Passagen der Kreuzfahrt. Unvergesslich.