Die Reichsten unter Reichen: In Katar spielt die Zukunftsmusik

Doha (dpa/tmn) - Katar? Ja, schon mal gehört. Reiche Scheichs und viel Glitzer - das verbinden die meisten Menschen mit dem Miniland auf der Arabischen Halbinsel. Auf Touristen wartet in Katar aber eher Portofino als Las Vegas - ein Portofino mitten in einer Geröllwüste.

Baukräne, Zementmischer und Presslufthämmer spielen in Doha eine Symphonie des Fortschritts. Die Hauptstadt des Kleinstaats Katar am Arabischen Golf dröhnt, vibriert und fasziniert. Doch Doha will kein neues Dubai sein, denn Dubai gilt hier als protzig, quietschbunt, kulturverloren. Doha fühlt sich eher an wie Portofino.

Doha ist schon längst ein klassisches Stopover-Ziel auf dem Weg in Richtung Südostasien und Australien. Der Flughafen mit fast 15 Millionen Passagieren jährlich wird durch die starke Expansion der einheimischen Fluglinie Qatar Airways zu einem globalen Mega-Drehkreuz ausgebaut.

Es ist Freitag in Katar, der muslimische Feiertag. Die Arbeit ruht größtenteils, doch Baustellen und Kräne stehen nie still. Vor der übergroßen Austernperle an der Küstenstraße treffen sich Arbeiter und lassen sich vor der mächtigen Skulptur fotografieren. Die Straßen sind leer, die Moscheen dafür voll.

Veränderung und Bewahrung schaffen in Katar Parallelgesellschaften: Ultraschicke Bars in den Fünfsterne-Hotels und Diskotheken haben sich als Treffpunkte für die westliche Elite in Doha etabliert. Auf der anderen Seite ist da dieses andere Katar mit zurückgedrehten Uhren. Wie zu Zeiten der Kalifen schaukeln die Daus im Hafen, Männer in langen weißen Gewändern ziehen an Wasserpfeifen und dippen libanesisches Brot in Tabouleh-Salat.

Zehn Kilometer außerhalb der Hauptstadt wird diese Parallelgesellschaft auf einer künstlichen Insel auf die Spitze getrieben. Mit einem der pastellblauen, öffentlichen Taxis geht es vom alten Kern der Stadt hinaus in eine funkelnde Glitzerwelt namens „The Pearl“. „It's a very good place, beautiful. Many rich people“, erzählt Raschal, der Taxifahrer. Er ist aus dem indischen Bundesstaat Kerala nach Doha gekommen.

Schick, schicker, „The Pearl“: Der neueste Stadtteil trägt den Beinamen „Porto Arabia“ und sieht von oben aus wie eine Austernperle. Bevor in Katar Bodenschätze entdeckt wurden, war es das Land der Perlentaucher. Der weiße Marmor von „The Pearl“ schimmert im Licht der Sonne perlmuttfarben. Die Fußgängerwege dieser künstlichen Inselwelt sind frisch gewischt, es gibt keine Krümel, keine Sandkörner, keinen Müll. Es ist die pure Perfektion.

Das 400 Hektar große Eiland liegt etwa 330 Meter vor der Ostküste Katars. Etwa 30 000 Menschen sollen hier einmal wohnen, wenn sämtliche Bauarbeiten abgeschlossen sind. In Bau befinden sich Luxushotels, Apartmenthäuser mit eigenen Jachthäfen, Kindergärten, Schulen und - das lieben alle Menschen auf der Arabischen Halbinsel - ein riesengroßes Einkaufszentrum. „The Pearl“ soll nichts anderes sein als die Riviera Arabiens. Portofino eben - nicht Las Vegas.

Katar ist nach eigenen Angaben das reichste Land in Asien, das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt etwa 70 000 Euro pro Jahr. Erdöl und Erdgas garantieren Wohlstand und Zukunftsprojekte.

Wirklich spektakulär ist das Museum of Islamic Art: Die Kunstsammlung, entworfen von dem amerikanisch-chinesischen Stararchitekten I.M. Pei aus kubistischen und arabischen Stilelementen, ist wieder so ein mächtiges Symbol für Vergangenheit und die Zukunft des Landes. Honigfarbene Quader ergeben eine moderne Festung auf einer künstlich geschaffenen Insel vor der Corniche.

Das Innere ist bezaubernd: Erst wird der Besucher - wie am Flughafen - freundlich kontrolliert, Maschinen durchleuchten die Taschen. Dann beginnt die Reise in eine fremde Welt voller Anmut, Exotik und Schönheit. Im großzügig und luftig konstruierten Atrium geht der Blick 45 Meter hoch in die fünf Stockwerke. Mächtige Wandeltreppen führen hinauf in die dunkel gehaltenen 18 Galerieräume, in denen etwa 750 Spitzenstücke islamischer Kunst aus 13 Jahrhunderten ausgestellt sind.

Die Exponate stammen unter anderem aus Spanien, Ägypten, Syrien, Irak, der Türkei, dem Iran, Indien und Zentralasien. Wie auf der Arabischen Halbinsel üblich, verlangen die Kataris keinen Eintritt für ihre Museen, Besucher dürfen anders als in westlichen Einrichtungen auch alles fotografieren. Die Kataris sind eben stolz auf ihre Kultur, das soll jeder sehen, und das darf jeder festhalten.

Dabei war das Land stets abhängig vom übermächtigen Nachbarn Saudi-Arabien. Doch Staatsoberhaupt Scheich Hamad bin Khalifa Al Thani hat sich freigeschwommen von den Einflüssen anderer Golfstaaten. Er und seine Frau Scheicha Musa modernisieren das Land entschlossen.

In den Moralvorstellungen gibt sich Katar aber weiterhin konservativ. Davon erzählt auch Katara - ein im altarabischen Stil errichtetes Freilichtmuseum mit Kunsthandwerk, einem fußballstadiongroßen Amphitheater, einem Opernhaus und einem Freiluftkino. Manchmal muss es eben doch Größenwahnsinn sein - wie in Las Vegas.

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