Geteilte Insel und doppeltes Karibikgefühl: St. Martin ist ein Unikum

Philipsburg/Marigot (dpa/tmn) - Urlauber aus aller Welt sind begeistert: Für zwei US-Dollar können sie von den Niederlanden nach Frankreich reisen. Seit 360 Jahren leben beide Völker auf der Karibikinsel St. Martin friedlich zusammen.

Auf dem kleinen Berg zwischen Tamarindenbäumen und Agaven ist die Aussicht spektakulär. Unten hebt gerade ein Airbus Richtung Paris ab. Die Maschine aus Amsterdam wird entladen. Der Flughafen Juliana liegt im holländischen Sint Maarten. Einer der vielen kleinen Busse mit Einheimischen und Urlaubern passiert gerade die Anhöhe, über die die unsichtbare Grenze verläuft, und ist nun im französischen Saint Martin. Es gibt ein Hinweisschild, einen Souvenirstand und ein paar Touristen mit Fotoapparaten, aber keine Grenzposten.

Heute ist die Sicht klar. Der Blick schweift über grüne Hügel, Lagunen, Jachten, Segelboote, Landzungen, Sandstrände und Hotels auf das grünblaue Karibikmeer. In der Ferne sind Anguilla (britisch), St. Eustatius und Saba (beide holländisch) sowie St. Kitts und Nevis (selbstständig) zu erkennen. Oben vom Berg ist auch St. Barth (französisch) gut sichtbar.

Aber St. Martin mit knapp 80 000 Einwohnern im Norden der Kleinen Antillen ist ein Unikum. Kolumbus soll die Insel am 11. November 1493, am Tag des Heiligen Martin, gesichtet haben. Im Jahr 1648 einigten sich Holland und Frankreich auf friedliche Koexistenz. Kein Militär, keine Kriege seit über 360 Jahren. „Die Welt kann von uns lernen“, sagt Apothekerin Jacintha Lake aus Marigot. Ihre 33 Jahre alte Freundin Brenda Remy aus Philipsburg fügt hinzu: „Egal ob Französisch oder Holländisch - wir alle haben das Caribbean Feeling mit Liebe, guter Laune, Gastfreundschaft, Optimismus.“

Die Duty-Free-Insel ist ein Shoppingparadies und beliebtes Kreuzfahrtziel. Eine Flasche Rum aus Puerto Rico oder Kuba gibt es ab 4 Euro, die Stange Zigaretten ab 13.

Durch die Frontstreet im niederländischen Philipsburg und ihre Einkaufspassagen wälzen sich schwitzend und Tüten schleppend bis zu 8000 Tagesgäste. Die weißen Ozeanriesen liegen in Sichtweite. Im französischen Marigot geht es lässiger und eleganter zu. Edeljachten und kleine Kreuzfahrtschiffe im oberen Preissegment glitzern im Meer. Alle zehn Minuten pendelt für 2 US-Dollar ein Bus zwischen den elf Kilometer entfernten Hauptstädtchen.

Auf der Insel, die fast so groß wie Sylt ist, wird Französisch und Englisch gesprochen. Auch Spanisch und das auf dem Französischen basierende Patois sind häufig zu hören, seltener Niederländisch, das die Kinder in und um Philipsburg in der Schule lernen.

Der französische Teil gehört zum Übersee-Departement Guadeloupe und ist fester Bestandteil Frankreichs und der EU. Hier ist der Euro offizielle Währung. Den US-Dollar akzeptiert jeder auf der Insel, sogar das französische Postamt. Im niederländischen Teil, der nicht zur EU zählt, ist der Karibische Gulden offiziell Zahlungsmittel.

Touristen können sich auf St. Martin an fast 40 Sandstränden räkeln und unter Hunderten von Restaurants und Bars aller Preisklassen wählen. Dass die Insel ein Vielvölkergemisch ist, merkt der Besucher auch an den vielen Gotteshäusern: Anglikaner sind ebenso vertreten wie Katholiken, Adventisten, Moslems und Hindus.

Informationen: Arbeitsgemeinschaft Karibik, Prinzenstraße 21, 30519 Hannover (Tel.: 0511/899 11 17, E-Mail: im@karibik.org).