Öresund-Ticket: Per Bahn, Bus und Schiff in 48 Stunden die spannendsten Seiten Südschwedens und Dänemarks entdecken Einmal rund um den Öresund
Von Robert Möginger„Das Wetter ist eigentlich immer schlecht, und die Städte dies- und jenseits der Brücke sind alle furchtbar hässlich.“ Nein, Tourismuswerbung klingt anders. Dennoch mögen sich Fans der schwedischen Kommissarin Saga Noren und ihres dänischen Kollegen Martin Rohde an das Zitat aus der ebenso düsteren wie erfolgreichen TV-Serie „Die Brücke - Transit in den Tod“ erinnern.
Die Brücke also, das ist die 7,8 Kilometer lange Øresundsbron, die seit dem 1.7.2000 das schwedische Malmö mit Kopenhagen in Dänemark verbindet. Während im Krimi tristes Blau-Grau und Musik in Moll den Ton angeben, zeigt sich die Meerenge an einem sonnigen Juninachmittag von ihrer freundlichsten Seite.
Rundreise in der Sonne
statt „Transit in den Tod“
Nach der Ankunft an Kopenhagens Flughafen Kastrup sind es gerade einmal 25 Minuten Fahrzeit im Schnellzug hinüber nach Malmö, vorbei am Offshore-Windpark Lillgrund mitten in der glitzernden Ostsee. Schon von weitem zu erkennen ist das 2005 erbaute Wahrzeichen der Stadt, der 190 Meter hohe, in sich gewundende Turning Torso, ein Wohn- und Büroturm des spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava.
Die drittgrößte Stadt Schwedens mit ihren 300000 Einwohnern ist die Hauptstadt der Region Skåne und erweist sich als ideales Basislager für die Öresund-Rundreise: Schwedens Hotelpreise sind merklich günstiger und auch der Tourismus scheint weniger massiv präsent zu sein als „nebenan“, in Kopenhagen. Sehenswertes gibt es in der übersichtlichen Altstadt Gamla Staden durchaus, so etwa den Rathausplatz Stortorget mit seinen nostalgischen Reklamewänden aus den 1910er Jahren oder die Festung Malmöhus samt Museum und Parklandschaft.
Erste Station: Ticketkauf
in Malmö und Besuch in Lund
Bevor die eigentliche Rundtour beginnt, ist der Besuch im Kundencenter des Hauptbahnhofs Pflicht, denn dort ist das „Öresund Rundt Ticket“ erhältlich, für 299 SEK (ca. 28 Euro). Damit lässt sich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen der komplette Sund in beliebiger Richtung umrunden, wobei je einmal die Brücke und die Fähre Helsingborg (Schweden) - Helsingor (Dänemark) inbegriffen ist.
Erster Stopp: Lund. Die studentisch geprägte Stadt ist bekannt für ihren fast 1000-jährigen romanischen Dom und die Altstadtgassen. Wie nah sich Dänen und Schweden am Öresund tatsächlich sind, belegt auch das Museumsdorf „Kulturen“, das die Wohnkultur seit dem Mittelalter anschaulich macht. Dass es jedoch keineswegs immer nur friedlich zuging zwischen den Nachbarn, erfährt man spätestens in Landskrona, das wie ganz Skåne lange Zeit dänisch war: Die bullige ziegelrote Zitadelle aus dem 16. Jahrhundert sollte die Schweden von der Einnahme der Provinz Schonen abhalten – was allerdings nur bis 1658 gelang. Und ja, das Sofa „Landskrona“ ist immer noch einer der Bestseller jenes Möbelhauses mit dem Elch...
Auf unruhige Zeiten blickt auch Helsingborg zurück. An der engsten Stelle des Meeresarms gelegen, war die Hafenstadt jahrhundertelang schwer umkämpft, stand mal unter dänischer, mal unter schwedischer Herrschaft. Schließlich sorgte das einträgliche Geschäft mit dem Zoll, der passierenden Handelsschiffen am Flaschenhals des Öresund abgeknöpft wurde, zuverlässig für Begehrlichkeiten auf beiden Seiten.
Heute ist die Überfahrt reine Routine: Per Rolltreppe geht es direkt vom Bahnhof hinauf zum Fährterminal, und alle 20 Minuten bringen im Wechsel „Aurora“ und „Tycho Brahe“ Autos, Fracht und Fußgänger die fünf Kilometer hinüber ins dänische Helsingør, dessen Hafen das festungsartige Hamlet-Schloss Kronborg flankiert. Seit 2018 verkehren beide Fähren batteriebetrieben – wie in vielen Dingen fährt Skandinavien auch in punkto Klimaneutralität in Europa weit voraus. Auch auf dänischer Seite wartet im Kopfbahnhof gleich nach dem Anleger ein Regionalzug in Richtung Kopenhagen (alle 20 Minuten) – und auch hier gilt das famose Öresund-Ticket.
Große Kunst und großartige Ausblicke vom Museum Louisiana
Fast schon ein Pflichtstop ist das Dörfchen Humlebæk. Einen Spaziergang vom dortigen Bahnhof entfernt befindet sich das Louisiana Museum of Modern Art, wohl das schönste Kunstmuseum Skandinaviens überhaupt. Selbst wer keinen Sinn hat für die großartigen Bilder und Skulpturen von Alberto Giacometti, Max Ernst, Henry Moore oder Joan Miró, dürfte begeistert sein von der in Hanglage über der Ostsee angelegten Parklandschaft, vom herrlichen alten Baumbestand, von der Architektur des Ensembles mit Meerblick.
Übrigens hat der Name „Louisiana“ nichts zu tun mit dem US-Bundesstaat gleichen Namens. Vielmehr geht er zurück auf auf den Vorbesitzer des 1855 erbauten Haupthauses, Alexander Brun (1814–1893), der das Anwesen nach seinen drei Ehefrauen benannte, die praktischerweise alle auf den Vornamen Louise hörten.
Für Literaturfreunde sollte Rungsted als Etappenziel am Nachmittag interessant sein: Hier steht in einer weitläufigen Gartenlandschaft das ehemalige Wohnhaus der Baronin Karen Christence von Blixen-Finecke (1885-1962), die als Tania Blixen mit ihrem Buch „Jenseits von Afrika“ unzählige Fans zu Tränen rührte. Das Anwesen ist ein multimediales Museum; das Arbeitszimmer der Autorin wirkt, als sei sie gerade erst wieder nach Afrika aufgebrochen. Tatsächlich liegt ihr Grab etwas verborgen im hinteren Teil des Parks, der nach Blixens letztem Willen heute als Vogelschutzgebiet ausgewiesen ist.
Eine Attraktion ganz anderer Art wartet bei Klampenborg auf Besucher mit Lust auf ein wenig Nervenkitzel. Im ältesten Vergnügungspark der Welt, Bakken genannt, rattert seit 1932 eine hölzerne Achterbahn über die Schienen. Apropos Vergnügungspark: Natürlich ist auch der weltberühmte Tivoli in Kopenhagen ganzjährig einen Besuch wert – nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof entfernt. Ansonsten nähert man sich der vielbesuchten Hauptstadt Dänemarks (822.000 Einwohner) am besten vom Wasser her: Am Nyhaven („Neuer Hafen“), Fotomotiv Nummer Eins und touristischer Hotspot, legen die Boote zur gut einstündigen Kanalrundfahrt ab. „Köpfe einziehen!“ heißt es unterwegs, denn unterwegs passiert man zahllose niedrige Brücken zwischen der alternativen „Freistadt Christiana“ und der Kleinen Meerjungfrau.
Um die ersten Eindrücke zu vertiefen, sollte man eine Nacht in Kopenhagen einplanen, und vielleicht noch das wunderbare Renaissance-Schloss Rosenborg bewundern. Aber bitte alles möglichst entspannt – dänisch-gemütlich, in einem Wort: „hyggelig“.
Der Kreis rund um den Öresund schließt sich dann tags darauf. Auf der Brücke, die so gar nicht düster