„Glamping“ statt Camping: Urlauber wollen mehr
Stuttgart (dpa) - Früher reichten ein Zwei-Mann-Zelt, ein Schlafsack und die pure Natur. Doch für den Camper von Welt darf es ein bisschen mehr sein. Für ihn hat die Campingbranche das „Glamping“ erfunden.
Wenn Badewanne, Himmelbett und dunkler Holzboden ins Zelt einziehen, wird aus Camping „Glamping“. Auch auf der Stuttgarter Urlaubsmesse CMT (14. bis 22. Januar) sind solche Unterkünfte aufgebaut. Die Besucher stehen Schlange, um sich deren schickes Interieur anzusehen. Die Wortschöpfung steht für „glamorous camping“, also Zelten mit Pomp.
„Vor allem Frauen sind begeistert und sagen: Das sieht aus wie bei 'Jenseits von Afrika'“, sagt Thomas Reimann vom Reiseveranstalter Selectcamp. Die Luxuszelte stehen bereits in Italien, Frankreich und Spanien. Bald wollen die Anbieter auch in Deutschland starten.
Camping in Deutschland sei nach wie vor beliebt, sagt Daniela Leipelt, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD). 5,9 Millionen Menschen machten in den ersten acht Monaten 2011 auf Campingplätzen Urlaub, trotz eines durchwachsenen Sommers. Auf der Suche nach neuen Zielgruppen müssten sich die Campingplätze inzwischen mehr einfallen lassen. „Junge Familien sagen: Wir möchten zurück zur Natur plus ein voll ausgestattetes Mietzelt oder einen Caravan.“
Ein Trend, den auch Selectcamp, die Luxusmarke der Vacanceselect-Gruppe, nutzen will. „Unsere Zielgruppe lebt sehr bewusst und naturverbunden und will dabei nicht auf Komfort verzichten„, sagt Reimann. Der Tourismus reagiere so auf einen Lebensstil, der Gesundheit und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stelle. In Großbritannien oder den Niederlanden gebe es „Glamping“ schon länger. Der deutsche Markt wachse momentan am stärksten.
Noch in diesem Jahr will Selectcamp 10 000 deutsche Glamping-Urlauber zählen, das wäre eine Steigerung um mehr als 50 Prozent. Und in dem Tempo solle es in den kommenden Jahren weitergehen. „Wir sind ziemlich sicher, dass es anhält“, so Selectcamp-Geschäftsleiter Klaus Schneider. Im kommenden Jahr sollen auch in Deutschland 50 sogenannte Lodgesuiten stehen, man sei mit mehreren Partnern im Gespräch. Die Suite ist eine Art Nobelzelt mit Retrobadewanne. Dabei hat nicht jeder Campingplatz den „Glamping“-Faktor. Bislang stehen die Zelte etwa am Gardasee oder in der Toskana.
Die Veranstalter sehen Familien aus dem Mittelstand und ältere Reisende ohne Kinder als ihre Zielgruppe. Doch mit „Glamping“ sollen auch Menschen, die noch nie gecampt haben oder bisher ihren Partner nicht dazu bewegen konnten, zum Zelten gebracht werden. Laut Schneider gilt sowieso ein Trend zu ungewöhnlichen Unterkünften - Hauptsache zum Mieten und mit guter Ausstattung. Auf der CMT gewann etwa das Münsinger „Hopfengut“ einen ADAC Camping Award. Übernachten kann man hier in einem Tipi, einem Zirkuszelt oder einer Jurte.
Der BVCD rät neuen Campingplätzen, ein Drittel für Mieteinheiten zu reservieren. Mit einem eigenen Anhänger kämen heute immer weniger Menschen. „Es ist teuer, und in der schnelllebigen Zeit scheuen viele die Investition“, sagt Leipelt. Dazu passe, dass auch die Dauercamper auf dem Rückzug seien. In der Zukunft müssten Campingplätze sich auf eine Nische ausrichten, zum Beispiel Wellnessangebote machen, sich auf Familien einstellen oder mit einem Golfplatz zusammenarbeiten.
Dem „Glamping“-Trend steht der Verband dennoch kritisch gegenüber. „Wir finden es spannend, aber mit der ursprünglichen Urlaubsform hat es wenig zu tun.“ Beim Camping gehe um einen Lebensstil, bei dem unterschiedliche Menschen zusammenträfen. „Beim Glamping durchbricht man das.“ Denn für jeden erschwinglich ist ein Luxus-Zelt nicht: In der Hauptsaison zahlt eine vierköpfige Familie für die „Lodgesuite“ am Gardasee pro Woche 1400 Euro.