Ins Bootcamp auf die Malediven

Sport statt Liege, Sandsack statt Strand, Gemüse und Obst statt Pasta und Schokolade. Wer das Bodyism-Programm auf Amilla Fushi durchzieht, weiß hinterher, was er getan hat. Malediven — mal ganz anders.

Foto: Daniela Kebel

„Das Gesicht will ich sehen“, ruft James. Also ein schmerzverzerrtes mit flehendem Blick. Dann zählt er rückwärts: „Noch drei, zwei, eins — Pause!“ Ich liege auf dem Rücken, versuche, mich in den 20 Sekunden zwischen zwei Übungen zu erholen. Zumindest normal zu atmen. James ist mein Personal Trainer und hat den Auftrag, mich so richtig zu fordern. Das tut er. „Und immer die Aussicht genießen“, sagt er lachend. Ich schaue aus dem komplett verglasten Fitnessraum auf weißen Sand, einzelne Palmen und den knatsch türkis leuchtenden Indischen Ozean. Bootcamp Malediven — ich hab es ja so gewollt.

Wer auf Amilla Fushi im Baa Atoll ein Bodyism-Paket bucht, wird fit gemacht. Natürlich ganz nach seinen individuellen Wünschen und Bedürfnissen. Dazu kommen Trainer und Spa-Manager zu einem umfassenden Gespräch zu den Gästen. Genauer gesagt, in deren Baumhaus. Denn wer ein solches Arrangement hat, wohnt in einem der fünf Treehouses in zwölf Metern Höhe im dichten tropischen Wald auf der Inselmitte. Eine luxuriöse Herberge mit Wohn- und Schlafzimmer, zwei Bädern, einem eigenen, großen Massageraum und einer Terrasse, die ganz auf Sport ausgerichtet ist. Mit Holz überdacht und von Palmkronen abgeschirmt, hängen TRX-Bänder an einem stabilen Deckenbalken, Gymnastikbälle, Yogamatten, ein kleiner Infinitypool und weiteres Trainingsequipment sind vorhanden. „Die Gäste haben hier ihre absolute Ruhe“, sagt Spa-Managerin Tamara.

Neben dem täglichen Personal Training kommt die Therapeutin zur Massage ebenfalls ins Treehouse. Jeden Tag für 50 Minuten. „Selbstverständlich können alle Gäste ihr Training auch im Gymnastikraum und im Fitnessstudio absolvieren“, sagt James. Beide sind für eine Malediveninsel sehr gut ausgestattet, sogar ein Sandsack baumelt draußen zwischen zwei Palmen. Ich ziehe meine Einheiten mit James im Fitnessraum durch. Er reicht mir Hanteln, Rollen, Bälle und Gummibänder, zeigt mir Positionen, von denen ich nicht einmal geahnt hätte, dass ich sie einnehmen kann.

Ich liege im Seitstütz und ziehe mit aller Kraft James über ein Seil zu mir heran. 20 Mal. Dann Seitenwechsel. „Hüfte hoch!“, mahnt er und zählt. Eine Stunde lang. „Jetzt bist du gut aufgewärmt für dein eigenes Training“, sagt James und führt mich zum Sandsack. Schläge und Tritte, 30 Minuten lang. Danach gehen wir gemeinsam ins Fitnessstudio. 90 Minuten Krafttraining. Ich fluche. „Du kannst fluchen, wie du willst. Ich versteh dich eh nicht“, sagt der Londoner.

Nach drei Stunden bin ich fertig. Im wahrsten Sinne. Schnell zurück ins Zimmer, duschen, ein paar Proteinbällchen, Obst und Gurkensticks essen und ab ins Spa. Eine knappe Stunde Massage später falle ich auf die Liege meines Bungalows. Entspannen mit Blick auf das Meer, das in seichten, gekräuselten Wellen in die Lagune schwappt. Von der Abgeschiedenheit im Baumhaus bin ich in eine Wasservilla mit unverstelltem Meerblick umgezogen — das Konzept bleibt das gleiche.

Zu essen gibt es Obst und Gemüse, das man in würzige Rote-Bete-Dipps tauchen kann. Zu trinken stehen mehrere Karaffen mit frisch gepressten Säften bereit: Möhren, grünes Gemüse und Ananas. Nach meinem persönlichen Ausschlussverfahren bleibt erst einmal nur Ananas übrig.

Beim Frühstück ist es am schwersten, an den leckeren, schokoladenbehafteten Croissants und Kuchen vorbeizugehen, Marmelade und Brot stehenzulassen. Stattdessen liegen Gemüsesticks, hartgekochte Eier und Obststücke auf meinem Teller. Dazu Müsli und Bananenbrot. Jetzt ziehe ich es durch, motiviere ich mich selbst, und will wissen, wie weit man in einer Woche gehen kann.

James zieht jeden Tag das Tempo an, ich muss meine nachfolgende Trainingszeit um 30 Minuten verkürzen. Bananen werden meine besten Freunde, Wasser schütte ich ohne Ende in mich hinein. Manche Einheiten sind barfuß am Strand, weit weg von den Bungalows anderer Gäste. „Wer macht denn sowas?“, fragen meine Freunde, als ich ihnen Bilder schicke. James hat die Antwort: „Ein 63-jähriger Mann kommt zum Beispiel jeden Morgen um 5 Uhr und macht Ausdauertraining. Mittags bekommt er Personal Training, weil er sich auf eine Everest-Besteigung vorbereitet.“ Ich staune.

„Viele Gäste wollen aber auch einfach vom Stress abschalten und dabei nicht nur am Strand liegen“, sagt Tamara. Mit ihrem Team und einem idyllisch im dichten Grün gelegenen Spa tut sie alles für geplagte Körper und Seelen. „Wer entspannt ist, schläft auch besser“, sagt Tamara. Ein wichtiger Aspekt für die Gesundheit. Bodyism ist ein ganzheitliches Programm, bei dem jeder seine Ziele formulieren und eine Verbesserung seiner Fitness oder seines Befindens erlangen kann. Das kann man natürlich auch ganz in Ruhe, zum Beispiel mit Yoga tun.

Die Fitnessbewegung kommt aus London und hat sich weltweit in einigen Fünf-Sterne-Resorts etabliert, so basieren auch auf Amilla Fitness und Spa auf dem Bodyism-Konzept. Dazu gehören auch ein paar schmucke Holzhäuschen, in denen eine Boutique, ein Café und ein kleiner Schönheitssalon untergebracht sind. „In diesem Teil der Insel dreht sich alles ums körperliche Wohlbefinden“, erklärt Tamara.

Die Wege dorthin führen durch eine dichte Vegetation, so grün sind nur wenige Malediven-Inseln. Uralte Bäume mit meterdicken Stämmen ragen in den Himmel, helles Grün bestimmt das Bild. Umrahmt von einem schmalen Ring aus grellweißem Sandstrand, den Wind und Flut an manchen Stellen abtragen. Wer dort Urlaub macht, wohnt entweder in den superteuren Residences — mehrgeschossige Häuser mit 1000 oder mehr Quadratmetern Wohnfläche —, in Strand- oder verschieden kategorisierten und bezahlbaren Wasservillen.

„Wir bieten mit Bodyism etwas Neues an, das viele Gäste als Bereicherung ihres Aufenthaltes empfinden“, sagt Tamara. „Wer zu Hause wenig Zeit hat, reist mit dem guten Gefühl ab, etwas für sich getan zu haben. Und Sportler bekommen bei uns Anregungen und Übungen, die sie vielleicht noch nie ausprobiert haben“, sagt James. Und wenn man sich an Schmerz und Erschöpfung erst einmal gewöhnt hat, ist es wie eine Sucht, weiterzumachen. Nur die Gemüsesäfte konnte ich leider nicht lieb gewinnen. Die Autorin reiste mit Unterstützung von Amilla Fushi.