Lohans Bar und Jacksons Schule: Auf Promi-Safari durch LA
Los Angeles (dpa) - Empire State Building, Freiheitsstatue oder Hollywood? Stadtführungen nur zu steinernen Sehenswürdigkeiten waren gestern. In New York und Los Angeles fahren Touristen jetzt per Bus den Star-Klatsch ab.
„Na, welchen Promi wollt ihr sehen?“, schreit ein Reiseführer mit schwarzem T-Shirt und glitzernder Uhr am Handgelenk ins Mikrofon. „Justin Bieber“, ruft einer der 25 Tour-Teilnehmer zurück. „Chris Brown“, ein anderer. Währenddessen biegt der knallrote Bus langsam auf den Hollywood Boulevard in Los Angeles ein. „Dann schauen wir mal, ob wir da Glück haben“, sagt Reiseführer Van. „Diese Tour ist auf jeden Fall anders als alles, was ihr bisher erlebt habt. Wir zeigen euch, wo die Promis abhängen und Party machen - und wir verraten Euch Geheimnisse.“
Und der 32-Jährige legt sofort los. „Da drüben seht ihr das Roosevelt Hotel. Da legt Samantha Ronson als DJ auf, Lindsay Lohan hängt da gerne ab und Avril Lavigne wurde davor zusammengeschlagen. Ach ja - und John F. Kennedy und Marilyn Monroe haben sich da immer heimlich getroffen, aber das war ja schon in der Steinzeit.“ Direkt danach zeigt Van den Ort, wo ein junger Brad Pitt als Huhn verkleidet für eine Fastfood-Kette warb, die Gardner Street-Grundschule, auf die Michael Jackson ging, und die Straßenecke, an der Hugh Grant mit einer Prostituierten erwischt wurde. Vans aufgekratzte Stimme hallt durch Lautsprecher in der Lehne von jedem Sitz, zwischendurch werden auf einem Monitor kurze Videos eingespielt. „Ruft alle "berühmt", wir sind auf dem Sunset Boulevard.“
Van arbeitet eigentlich für das vor rund zehn Jahren gestartete Promi-Portal „TMZ.com“, seit rund drei Jahren aber auch für dessen Tourbus-Service. Die Abkürzung „TMZ“ steht für „Thirty Mile Zone“ (30-Meilen-Zone), eine historische Promi-Gegend rund um die Studios von Hollywood. „TMZ.com“, das es in den USA auch als Fernsehshow gibt, gilt als extrem erfolgreich und extrem gut informiert, wenn es um Stars und Sternchen geht. So berichtete die Webseite 2009 als erste vom Tod von Michael Jackson. „Das war unser großer Moment“, sagt Van. Das It-Girl Kim Kardashian wurde unter anderem auch durch schier nichtendenwollende Berichterstattung über sie bei „TMZ.com“ berühmt. „Gern geschehen, Amerika“, kommentiert Van.
Seit 2011 bringt das Promi-Portal sein Wissen auf die Straße und verkauft es als „Show auf Rädern“. Erst in Los Angeles, seit dem vergangenen Jahr auch in New York. Bis zu zehn zweistündige Promi-Safaris stehen pro Tag im Angebot. Ein Ticket kostet rund 60 Dollar (etwa 48 Euro). Tausende Menschen buchen die Ausflüge nach Angaben des Unternehmens jeden Monat.
Touristen-Touren zu Filmschauplätzen oder Häusern berühmter Stars gibt es in Metropolen wie Los Angeles, New York oder auch London schon lange - aber „TMZ.com“ hat das Genre auf Klatsch und Tratsch ausgeweitet und sich mit seinem bekannten Namen laut und aggressiv in den Markt gedrängt. „Wir sind wegen einer Hochzeit in der Stadt und wollten mal eine ganz andere Tour machen“, sagt ein Teilnehmer. „Und es macht wirklich Spaß.“
Reiseleiter Van gibt unterdessen ein Versprechen ab: „Wenn einer von euch einen Star sieht, werde ich sofort rausgehen und ihn interviewen und dann kommt das in die Show. Und natürlich bekommt derjenige von euch ein „TMZ“-T-Shirt. Aber wenn das dann doch kein Promi war, dann nehme ich es ihm wieder weg.“
Der knallrote und an den Seiten offene Bus fährt vorbei an einem Stripclub, wo Demi Moore trainiert und Courtney Love gearbeitet haben soll, am Fitness-Studio von Steven Tyler, am „Viper Room“, vor dem River Phoenix starb, und an der Bar „Saddle Ranch“, wo Jennifer Lopez und David Beckham angeblich gerne ihre Zeit verbringen und „Limp Bizkit“-Sänger Fred Durst einmal 2000 Dollar Trinkgeld gegeben haben soll.
„Und hier ist das „House of Blues““, schreit Van in sein Mikrofon. „Britney Spears hat hier ihren Comeback-Auftritt gegeben. Glückwunsch zum Comeback übrigens, Britney, wir können es gar nicht abwarten, zu sehen, wie du das wieder vermasseln wirst.“ Promis, bei denen irgendetwas schiefläuft, sind für „TMZ.com“ am allerbesten, denn so etwas treibt die Klickzahlen nach oben.
Aber die Beziehung zu den Stars beruhe auf Gegenseitigkeit, verteidigt sich Van. „Einige von ihnen brauchen uns für die Aufmerksamkeit noch mehr als wir sie brauchen.“ Nur deswegen zeigten sich viele auch in den immer selben Läden und Bars im Zentrum von Los Angeles - genau da, wo der knallrote Bus vorbeifährt.
Das Haus von Halle Berry rauscht vorbei und der Alkohol-Laden, in den sie einmal frontal mit ihrem Auto hereingefahren sein soll. Dann das Hotel „Four Seasons“ in Beverly Hills, wo Paris Hilton ein Sex-Video aufgenommen haben soll, das Kaufhaus, wo Winona Ryder einmal Klamotten stahl und das Cedars Sinai-Krankenhaus, wo Julia Roberts, Catherine Zeta-Jones und Jessica Simpson Nachwuchs bekamen, Britney Spears psychologisch untersucht wurde, und Frank Sinatra und Elizabeth Taylor starben. „Und da hinten ist der Playhouse-Nightclub, da feiert Rihanna am liebsten“, schreit Van. „Und da am Horizont seht ihr das Hollywood-Zeichen. Wie aufregend!“
Gleich darauf folgt eine weitere für „TMZ.com“ durchaus bedeutende Sehenswürdigkeit: Das Gerichtsgebäude von Beverly Hills. „Ich nenne es immer das Ferienhaus von Lindsay Lohan“, witzelt Van. Neben Lohan mussten unter anderem auch schon Zsa Zsa Gabor, Courtney Love und Winona Ryder hier antreten. Für „TMZ.com“ sei es viel besser, wenn die Stars sich in Beverly Hills etwas zuschulden kommen ließen, als im Rest von Los Angeles, verrät Van. Beverly Hills habe nämlich seine eigene Polizeistation - „und die veröffentlichen die Polizeifotos sofort. Das macht die Polizei im Rest von Los Angeles nicht“.
Der knallrote Bus steuert langsam wieder den grauen Parkplatz hinter dem TLC Chinese Theater am Hollywood Boulevard an, wo die Touren anfangen und zu Ende gehen. Die Passagiere in einem vorbeifahrenden Tourbus schreien und winken. „Jeder, der einen Star sehen will, hebt die Hand“, ruft Van - aber er wirkt nicht mehr so wirklich überzeugt.
Heute muss die Tour ohne echten Star zu Ende gehen. Van dreht sich wieder zu den Teilnehmern und grinst so breit er kann. „So, da wären wir. Das war's. Kommt bald wieder.“
Richtige Filmstars habe er auf der Tour bislang selten gesehen, gesteht er am Rande ein. „Aber dafür schon dreimal David Beckham. Und viele Stars aus Reality-Shows.“ Ältere Promis würden seine meist jüngeren Tour-Teilnehmer ja oft auch gar nicht mehr erkennen, sagt Van. „Einmal sind wir zum Beispiel an Harrison Ford vorbeigefahren, der gerade getankt hat. Den mussten alle erstmal googlen.“