Lufthansa hält an umstrittener GDS-Gebühr fest
Frankfurt/Main (dpa) - Die Reisebranche läuft Sturm, doch Lufthansa bleibt hart: Seit September belegt Europas größter Luftverkehrskonzern Tickets, die über ein globales Reservierungssystem (GDS) gebucht werden, mit einer Extra-Gebühr von 16 Euro.
„Die Gebühr kommt zum 1. September“, sagt ein Lufthansa-Sprecher. Für viele Kunden dürfte es zunächst teurer werden. „Die Gebühr ist definitiv eine Preiserhöhung“, kritisiert der Deutsche Reiseverband (DRV). Denn bislang werden rund 70 Prozent der Lufthansa-Flüge über GDS gebucht.
Vor allem Reisebüros, aber auch Internetportale benutzen die Systeme der GDS-Anbieter wie Amadeus, um weltweit Flüge und andere touristische Dienstleistungen einzukaufen und abzurechnen. Zwar bemüht sich Lufthansa in Gesprächen, die Wogen zu glätten. „Wir wollen gemeinsam mit Reisebüros die Buchungswege erneuern und mit den GDS an besseren Lösungen arbeiten“, sagt der Unternehmenssprecher. Das aktuelle GDS-System bilde nur den Preis ab, aber nicht die Details der Produkte.
In wichtigen Einzelheiten vertröstete Lufthansa große Firmenkunden jedoch aufs kommende Jahr. Erst 2016 soll eine Schnittstelle fertig sein, die eine ähnliche System-Anbindung bietet wie bislang schon die GDS. Abrechnungen, Rahmenverträge und Reiserichtlinien sollen dann automatisch berücksichtigt werden.
Doch der Ärger in der Branche ist groß: Der DRV schaltete das Bundeskartellamt ein. Die Wettbewerbshüter sollen prüfen, ob durch die Gebühr GDS-Anbieter diskriminiert werden. Der europäische Dachverband der Reisebüros und Reiseveranstalter (Ectaa) legte zudem bei der EU-Kommission Beschwerde ein. Er befürchtet einen Verstoß gegen den Verhaltenskodex in Bezug auf Computerreservierungssysteme. Die von Lufthansa auf ihrer Website angebotenen zuschlagsfreien Buchungsmöglichkeiten seien keine effiziente Alternative. Die Kranichlinie hält dagegen: Lufthansa habe sich vorher versichert, dass die Gebühr mit geltendem Recht in Einklang stehe.
Für eine GDS-Buchung fallen bei Lufthansa nach deren Angaben 18 Euro Kosten an im Vergleich zu 2 Euro bei einem über die konzerneigenen Portale verkauften Flug. Die Differenz von 16 Euro wolle man sich über eine zusätzliche Gebühr zurückholen, hat Europas größter Luftverkehrskonzern Anfang Juni angekündigt. Gebührenfreie Flüge und auch die preiswertesten Angebote soll es für Privatleute wie für Geschäftskunden nur noch direkt beim Konzern geben.
Rund 70 Prozent der Firmenkunden überlegten nun, ob sie das „ Geschäft von der Lufthansa-Gruppe wegsteuern“, ließ der Geschäftsreiseverband VDR jüngst wissen. Wenn der günstigste Preis nur noch auf der Website, aber nicht mehr in den Systemen der Reisebüros zu sehen sei, leide auch die Transparenz. „Die Lufthansa sollte zudem den Gegenwind auf internationaler Ebene nicht unterschätzen, denn dort fällt es den Unternehmen leichter, auf andere Airlines ohne GDS-Aufschlag umzusteigen“, warnt VDR-Präsidiumsmitglied Christoph Carnier.
„Es bleibt uns im Augenblick nichts anderes übrig, als die Gebühr ab 1. September 2015 für alle Neubuchungen zu berücksichtigen“, heißt es beim Reisekonzern Tui. Allerdings versuche man in Gesprächen mit der Lufthansa, eine für den Tui Vertrieb und die Kunden tragbare Lösung herbeizuführen. „Wir werden bei allen Lufthansa-Buchungen, die über GDS laufen, die Gebühr erheben müssen“, sagt ein Thomas-Cook-Sprecher. Aus Veranstaltersicht gebe es keinen Grund, an der bewährten GDS-Technologie zu rütteln.
Lufthansa argumentiert, die Hauptleistung bei einer Flugreise erbringe die Airline. Wegen des starken Konkurrenzdrucks sind aber die Erlöse der Fluggesellschaften schmal, während mancher Dienstleister nach wie vor glänzend verdiene. Der in Europa führende GDS-Anbieter Amadeus hat für 2014 einen Reingewinn von 632 Millionen Euro ausgewiesen, bei einem Umsatz von 3,4 Milliarden Euro. Lufthansa erzielte mit rund 30 Milliarden Euro Umsatz nur einen Gewinn von 55 Millionen Euro.
Der Fluggesellschaft geht es neben den Kosten auch um die kostbaren Kundendaten. Die Airline versichert, die Daten nur für individuelle Angebote an die Fluggäste nutzen zu wollen.
Die Befürchtungen in der Reisebranche sind groß, dass das Beispiel Lufthansa Schule machen könnte: „Viele Airlines stehen in den Startlöchern. Auch andere würden die GDS-Kosten gern umlegen und direkt auf die Kundendaten zugreifen.“