Madrid: Spezialitäten unter Spaniens Sonne
Die Region hat weit mehr zu bieten als das bunte Leben im Trubel der Hauptstadt.
Madrid. "Einfach aufklappen und das Fleisch aussaugen", erklärt Reiseleiterin Isabel Campo. Einfach? Na ja. Skeptisch schauen die Reiseteilnehmer auf die Schalentiere in ihren Händen. Finger Food auf spanisch: Die kleinen Krebse gehören zu den typischen Spezialitäten in den Markthallen von Madrid.
Ein "Frauensnack", wie es Isabel schelmisch nennt. Weil man die Krebse an der Unterseite aufklappen kann, wie eine Handtasche, um an das begehrte Innenleben zu kommen. Salzig schmeckt es und nach Meer. Und für Ungeübte ist es tatsächlich gar nicht so einfach, die "kleinen Biester" zu knacken. Zumal um einen herum das Leben tobt und eine Flut von Eindrücken, vor allem olfaktorischer Art, auf einen einströmt.
Nach dieser ersten kleinen Mahlzeit führt Isabel ihre Schäfchen in die Tiefen der Madrider Altstadt - eine Tapas-Tour ist angesagt. Und das nicht nur in einer Bar, sondern der Reihe nach in mehreren. Auch dabei gibt es für Ungeübte einiges zu Lernen. Vor allem, dass man sich nicht schon in der ersten Bar den Bauch vollschlägt, weil sonst für die Spezialiäten der nächsten kein Platz mehr ist. Und davon gibt es reichlich in der Region Madrid.
Jamón Ibérico, Schinken vom schwarzen Schwein, herrlich würzig und geschmacklich noch den typisch spanischen Serrano übertreffend. Dazu Manchego, einen Schafskäse aus der benachbarten Region Kastilien-La Mancha, Oliven, Chorizo, Tintenfisch, Brot, Olivenöl und, und, und. Isabels Warnung ist berechtigt: Das Häppchenformat der spanischen Tapas verführt dazu, zu viel zu essen.
Doch auch dagegen hat die Reiseführerin ein Rezept parat. Denn die Region Madrid bietet nicht nur kulinarische Spezialitäten, sondern auch sportliche Abwechslung. Schließlich besteht die Region nicht nur aus Spaniens Hauptstadt, sondern auch aus deren Umland. Und das ist ähnlich abwechslungsreich wie die Küche. Berge im Norden und weite, wenig hügelige Ebenen im Süden. Von deren höchsten Punkten aus hat man zwar jederzeit die Silhouette der Hauptstadt mit ihrer markanten Skyline im Blick, die ländliche Umgebung vermittelt jedoch eher den Eindruck, kilometerweit von Madrid entfernt zu sein.
Das Städtchen Tielmes liegt gerade einmal rund 40 Kilometer entfernt in südöstlicher Richtung. Dort, auf der alten Bahntrasse Vía Verde de Tajuña, bietet das Team von bikespain Radtouren an. Ausgangspunkt ist eine alte Mühle, die zu einem Museum mit Hotel und Restaurant umgebaut wurde. Fahrräder können ausgeliehen werden, sodass spontanen Touren nichts im Weg steht. Von der Mühle aus geht es mit dem Rad über die alte Trasse, vorbei an Getreidefeldern, Bächen, Obstplantagen und Ruinen alter Gehöfte.
Die Sonne wärmt, der Weg ist entspannt. Steigungen gibt es kaum, nur ab und an kreuzt eine Straße die Radtrasse. Nach der Rückkehr warten im Mühlenmuseum weitere Spezialitäten. Blutwurst mit Reis sowie Tortillas, deftige Eierkuchen mit unterschiedlichen Zutaten. Eigentlich wären gleich ein paar Fahrradkilometer zusätzlich fällig.
Stattdessen geht es noch weiter südlich nach Chinchón. Rund um die Plazas Mayores liegen die Häuser mit ihren typischen Balkonleisten und Galerien hinter deren Fassaden sich auch zahlreiche Restaurants und Bars verbergen. Glücklich kann sich schätzen, wer einen Platz in einer Balkonnische ergattert. Mit Blick über die abendliche Stadt und die beleuchtete Kirche schmeckt der Anis de Chinchón, ein in der Stadt hergestellter Likör, nochmal so intensiv. Den Chinchón gibt es von trocken-herb bis süß, getrunken wird er gern nachdem er einige Zeit mit aromatischer Zitronen- oder Limettenschale versetzt war.
Den Kontrast zur südspanischen Atmosphäre von Chinchón gibt es am nächsten Tag bei Rascafría. Im Naturpark Sierra Guadarrama zeigt sich, wie unterschiedlich die Gesichter der Region sind. Es wird wieder sportlich: Wir sind mitten in den Bergen, in einer Region, in der im Winter auch Ski laufen möglich ist, wie David Caballero von Nanuk Experience versichert.
Er führt im Sommer Touristen über die Sierra des Naturparks, in unserem Fall bis zum Gletschersee am Peñalara. "Der Peñalara ist mit 2428Metern der höchste Berg der Region Madrid", erklärt David. "Im Winter geht da ohne schneefeste Schuhe oder Steigeisen nichts, wenn man zum Gipfel möchte." Statt des Gipfels erwarten uns nach der Rückkehr nach Madrid weitere Spezialitäten.
Wer seinen Madrid-Aufenthalt luxuriös ausklingen lassen möchte, kann sich im "La Terraza del Casino" von Sternekoch Paco Roncero mit Tapas aus der Molekularküche verwöhnen lassen. Da wird Olivenbutter schon mal in der Alu-Tube serviert. Seit Roncero 2004 das Galadinner für die Hochzeit des Kronprinzenpaars Felipe und Letizia kreieren durfte, gehört er zur ersten Liga von Spaniens Haute Cuisine.