Vielfältiges Skigebiet Nauders am Reschenpass: Skifahren im Dreiländereck

Nauders (dpa/tmn) - Früher gab es in Nauders Leute, die haben sich gefreut, wenn das Wetter schlecht war. Wenn der Nebel dick über den Bergen hing, es vielleicht sogar im Frühjahr noch ein bisschen schneite - aber nicht mehr so bitterkalt war wie oft im tiefsten Winter.

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Denn dann gingen die Männer hinauf in die Berge, genauer - sie gingen über die Berge. Von Nauders im hintersten Winkel Tirols ins Unterengadin in die Schweiz oder ins Vinschgau nach Italien. Oft nahmen sie Sachen mit, wenn sie sich ihrer Sache besonders sicher waren, sogar Vieh. Vor allem aber brachten sie immer etwas mit nach Hause.

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Wenn die Menschen bei Nebel und schlechter Sicht loszogen, war die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie im Gebirge auf Zöllner trafen, die in den Bergen patrouillieren sollten. Der Schmuggel hatte viele Jahre Konjunktur in diesem Dreiländereck - denn die Menschen hier hatten nicht viel. Die Winter waren lang und hart. Doch immerhin: Man ist nicht eingeschlossen wie in so manchem Bergdorf, das am Ende vieler Serpentinen auf der Höhe liegt.

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„Nauders ist an der Via Claudia Augusta, der alten Durchgangsstraße der Römer“, sagt Rose-Marie Waldegger bei einer Führung durch den Ort. Die Straße verbindet die Adria und die Ebenen des Po über die Alpen mit der Donau und wurde um das Jahr 50 nach Christus fertig gestellt. Hier herrscht also schon seit fast 2000 Jahren reger Durchgangsverkehr, nordwärts wie südwärts.

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Nur ein paar Kilometer sind es bis zum Reschensee in Südtirol mit seinem markanten Kirchturm im See, im Winter im Eis. Und ebenso sind es nur ein paar Kilometer ins Engadin in der Schweiz. Die drei Grenzen treffen sich in 2179 Metern Höhe an einem Dreiländergrenzstein.

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Skifahren über die Grenzen kann man allerdings nur bedingt. Unter den insgesamt rund 90 Loipenkilometern finden Langläufer ein paar Strecken, die von einem Land ins andere führen. Doch die Gebiete sind nicht direkt miteinander verbunden, man muss den Bus von einem Ort in den nächsten nehmen.

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Eine Bus- oder Autofahrt steht allerdings vor jedem Skiabenteuer in Nauders. Denn auch um in das Skigebiet Bergkastel zu kommen, muss man aus dem Dorf hinaus. Direkt an der Bundesstraße liegt die markante Talstation, die einem Kristall nachempfunden ist: aus Aluminium, ein Multifunktionsbau mit Restaurant und einem riesigen Skidepot.

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Schneesicher ist die Region, denn der höchste Punkt in dem Gebiet mit rund 75 Pistenkilometern liegt auf 2850 Metern. „Hier kann man meist bis Ostern fahren, oft sogar noch länger“, sagt Karl Folie vom Marketing der Bergbahnen. Vor allem ist das Gebiet für Familien und Kinder gemacht - auch wenn es durchaus Hänge gibt, die besser nur Könner hinunterfahren. Direkt an der Bergstation ist auch das Kinderland, das hier „Nauderix“ heißt und in dem Kinder schon mit drei Jahren das erste Mal auf den Brettern stehen können.

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Karl Stecher ist der Kopf hinter den beiden neuesten Projekten im Ort. Der Baumeister ist verantwortlich für die Wiederbelebung der Stieralm und die markante Bergbahn-Station. Das Traditionelle und die Moderne will der Baumeister verbinden. „Der Ort ist reich an Geschichte, und die soll nicht verschwinden“, sagt er.

Direkt an der Via Claudia steht das imposante Schloss Naudersberg auf seinem Felsen. „Vom 10. Jahrhundert an bis zum Jahr 1919 wurde hier das Hoch- und Blutsgericht vollzogen“, erzählt Anna Köllemann. Sie ist die Besitzerin des alten Gemäuers. Auch war das Schloss jahrhundertelang das landesfürstliche Gericht. Die Hausherrin bietet Führungen an. Während in den Stallungen inzwischen eine Wirtschaft untergebracht ist, ist die alte Richterstube noch immer in Betrieb: Hier kann man sich trauen lassen.

Wer von Landeck nach Nauders fährt, kommt noch an weiteren imposanten Gemäuern vorbei - wahrscheinlich, ohne sie überhaupt wahrzunehmen. Die frühere Grenze zwischen Tirol und Graubünden liegt in einer Schlucht direkt am Inn, an der alten Grenzbefestigung und Gerichtsstätte Altfinstermünz. Militärgeschichte gibt es in der Festung Nauders, erbaut an der Passstraße, um die Region vor Einmärschen aus dem Engadin oder der Lombardei zu schützen. Heute ist die nach Betreiberangaben einzige noch vollständig erhaltene Befestigungsanlage aus der Zeit ein Museum.

Viele Befestigungsanlagen, viele alte Gemäuer - doch oben im Skigebiet ist man ganz frei unterwegs. Auch der Schmuggel lohnt sich nicht mehr, Tage mit Sonnenschein sind auch den Einheimischen inzwischen lieber. Das schlechte Wetter war ihnen auch nur wegen des Schmuggels sympathisch. Bei widrigen Bedingungen saßen sie laut Überlieferung viel lieber im Wirtshaus.