Neusiedler See - Badewanne und Weinkeller der Wiener
Neusiedl am See (dpa/tmn) - Radfahrer, Weinliebhaber, Kulturbegeisterte, Badegäste: Am Neusiedler See in Österreich kommen fast alle auf ihre Kosten - auch kleine Blutsauger.
Der Neusiedler See ließe sich bei einer Tiefe von etwa eineinhalb Metern eigentlich zu Fuß durchwandern, doch der schlammige Boden ist ein ernstes Hindernis. Auch die bei Sturm zu erwartenden Wellen, die selbst Boote in Seenot bringen, machen solche Touren zu einem unkalkulierbaren Risiko. Wer an den Neusiedler See fährt, den erwarten ganz andere Attraktionen.
Radfahrer, Weinliebhaber, Gourmets, Kunstbegeisterte, Badegäste und Wassersportler zieht es gleichermaßen in die etwa 60 Kilometer südöstlich von Wien gelegene Region, die seit elf Jahren als Unesco-Welterbe ausgezeichnet ist. „Wir verzeichnen einen ständigen Anstieg der Gästezahlen“, sagt Dietmar Keller, Geschäftsführer der zuständigen Tourismusgesellschaft. Die meisten Besucher kommen wohl aus der nahen Hauptstadt, weshalb der See auch den Spitznamen „Badewanne der Wiener“ bekam. Doch bei den Übernachtungen führen Gäste aus Deutschland die Statistik an.
Fast 1000 Kilometer Radwege durchziehen das Land am Neusiedler See. „Von hier aus können wir herrliche Touren machen, Fähren bringen uns schnell auf die andere Seite. Die Strecken haben nur geringe Höhenunterschiede“, schwärmt Feriengast Werner Maurer. Als Schwabe schätzt er schmackhaftes Essen und guten Wein, „und mit beidem bin ich hier bestens versorgt.“ Viele Wiener nennen die Region ja auch ihren Weinkeller, und nach Dietmar Kellers Angaben werben nicht weniger als 14 Gourmetlokale um Gäste.
Wer nicht in die Pedale tritt, genießt den im Sommer warmen See an der Grenze zu Ungarn. Beachvolleyball, Segeln, Surfen - alles wird angeboten. Strandbäder laden zum Faulenzen ein. Einfach in den See hüpfen, das geht nicht. Denn wo nicht die Zugänge zum Gewässer freigelegt sind, erstrecken sich mehrere Hundert Meter breite Schilfgürtel, die Heimat einer einzigartigen Fauna und Flora sind.
Kulturbeflissene kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Beispielsweise bei den Seefestspielen Mörbisch, die in diesem Jahr „Die Fledermaus“ von Johann Strauss im Programm haben. Im alten Römersteinbruch St. Margarethen steht Bizets „Carmen“ auf dem Spielplan.
Das Gebiet um den Neusiedler See gehörte bis 1921 zu Ungarn und wurde dann bei den territorialen Neuordnungen im Nachkriegseuropa Österreich zugesprochen. Die offenen Grenzen der EU machen es einfach, schnell in die nahe liegende Puszta oder zum Plattensee, dem Balaton, zu fahren. Die Entfernungen sind nicht groß.
Am Steppensee wird es nicht nur bei Sturm ungemütlich, sondern auch nach Einbruch der Dunkelheit. Millionen von Stechmücken, hier Gelsen genannt, rücken den Menschen auf die Haut. „Zwischen etwa halb neun und zehn Uhr am Abend sind sie aktiv“, meint Keller. „Man gewöhnt sich auch fast an die kleinen Blutsauger.“ Doch ein guter Insektenschutz kann nicht schaden - oder man sucht ein Lokal auf, das sich als „gelsenfrei“ anbietet.