So richtig auf Touren
Düsseldorf. Freitag früh, kurz vor acht, Essen-Hauptbahnhof: Geschäftsleute mit Laptop hasten vorbei. Urlauber schleppen ihre Koffer zu den Rolltreppen. Zeitungen gehen am Kiosk weg wie die warmen Semmeln nebenan beim Bäcker.
Gehetze, Geräuschkulisse — wie jeden Tag.
Bis eine Beamtenstimme über Mikrofon das emsige Gewusel der Reisenden durchdringt: „Achtung, Achtung! Der Samba fährt heute ausnahmsweise auf Gleis 1 ein. Ich wiederhole: Der Samba fährt heute. . .“
Jetzt gibt es kein Halten mehr in der Bahnhofshalle. Achim vom Kniffelclub „Voller Becher“ kommt jetzt richtig auf Touren. In der linken Hand trägt er eine Sporttasche mit Jeans und T-Shirt zum Wechseln, in der rechten Hand eine pralle Kühltasche. Aus dem Weg!
Sechs flotte Damen alle zwischen 30 und 40, alle mit schwarzer Kappe und schwarzem Sweatshirt, kämpfen sich durch die Menschenmenge. Auf der Rückseite ihrer Shirts sind die Tourneedaten der „Sechs kleinen Feiglinge“ gedruckt: 2007 Norderney, 2008 Sauerland-Stern, 2009 Westerwald-Treff, 2010 Ballermann, 2011 Schneverdingen. In ihren Plastiktaschen klappern, im Laufschritt, die Miniaturfläschchen. Platz da!
Schorsch und seine Kegelbrüder vom Club „Einer geht noch“, alle mit einem Sixpack Bier unter dem Arm, laufen ganz bayrisch ein: auf dem Kopf einen grünen Sepplhut, das weiße Hemd mit schicker Edelweißleiste und — hollarüdürü — die Lederhose mit einer aufgebügelten Hand am Hintern. Da gehört sie hin an den drei tollen Tagen. Ja!
Freitag früh, kurz nach acht, Essen-Hauptbahnhof, Gleis 1: Das Reisefieber steigt. Endlich kommt er, der Sonderzug Marke Fröhlichkeit. „Anton, Anton“ dröhnt es aus dem Disco-Wagen.
Rein ins Abteil, schnell das Gepäck verstauen und ab in den Tanzwagen. Wo Blitze flackern und der Boden vom Wummern der Bässe vibriert.
Ein nettes Lächeln, ein flotter Spruch, ein cooler Drink.
Komisch: Beim Kegeltour-Smalltalk heißen alle Frauen plötzlich Gaby. . .