Tourismus mit der Kraft der Sonne

Neue Bäume pflanzen, um den CO2-Ausstoß der Reise zu kompensieren? Tüftler setzen auf Solarmobilität.

Über die Klimabilanz von Touristen wird seit Jahren viel diskutiert. Mancher Urlauber spendet Geld für neue Bäume, damit der von ihm verursachte CO2-Ausstoß ausgeglichen wird. Solarmobilität wäre eine Alternative. Massentourismus ist damit aber noch nicht möglich.

„Turanor“ habe er sein Boot genannt, erzählt der weißbärtige Mann auf der Bühne. In der Sprache von Tolkiens „Herr der Ringe“ bedeute das „Sieg der Sonne“. Der kauzige Name passt zu Immo Ströher und zu seinen beiden Mitstreitern, die nichts weniger wollen, als das Reisen zu revolutionieren. Auf dem „Eco-Mobility Day“ in Berlin stellten sie ihre Visionen erstmals vor: ein Schiff, ein Auto und ein Flugzeug — allesamt von der Kraft der Sonne angetrieben.

„Ich will die Massen von der Solarenergie begeistern“, sagte Louis Palmer. Deshalb stieg der Schweizer im Jahr 2007 in sein Solartaxi und fuhr damit um die Welt. Eineinhalb Jahre, 38 Länder, 54 000 Kilometer: Das war seine Bilanz. Bei der Klimakonferenz auf Bali chauffierte er Umweltminister, in Hollywood stiegen Regisseur James Cameron und Talkstar Jay Leno zu, und in New York brachte er sogar UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon ins Büro. Selbst in Ländern wie China und Saudi-Arabien, bisher kaum als ökologische Musterländer aufgefallen, hätten die Menschen ihn begeistert empfangen.

Auch Immo Ströher hat seine Idee um die Welt geschickt. Im vergangenen Sommer legte der 31 Meter lange und 15 Meter breite Katamaran in Monaco ab, im Moment kreuzt er nahe der Marquesas-Inseln mitten im Südpazifik. In einem Kurzfilm sieht das Schiff aus wie ein Mini-Flugzeugträger, die 500 Quadratmeter Solarplatten ragen über beide Seiten hinaus. Wenn die Sonne scheint, pflügt der Katamaran mit fünf bis sechs Knoten durch die Wellen, bei Wolken und Dunkelheit werden die beiden Propeller gedrosselt. Notfalls können die Lithium-Akkus das Schiff drei Tage ohne Sonnenschein lang antreiben.

Die Zahlen von André Borschbergs „Solar Impulse“ beeindrucken ebenso. Mit gut 63 Metern hat das Flugzeug die gleiche Spannweite wie ein Airbus A 340, es wiegt aber nur 1600 Kilogramm. Die vier Elektromotoren unter den Flügeln beschleunigen es auf 70 Stundenkilometer, und im Cockpit kann nur ein Pilot Platz nehmen. Borschberg machen die Tücken der Physik nichts aus. Von den ersten Flugversuchen der Brüder Wright habe es auch 25 Jahre gedauert, bis das erste Flugzeug den Atlantik überquerte, sagte er. Bei den Modellen gehe es momentan vor allem darum zu zeigen, wie die Energie für Mobilität sauber erzeugt und effizient verwendet werden kann. Bisher gehe ein Großteil der Energie ungenutzt verloren.

Auch große Kreuzfahrtschiffe werden sich wohl niemals nur mit der Energie der Sonne antreiben lassen, räumte Immo Ströher ein. Doch schon jetzt könne mit Solarzellen ein Teil der Energie für Schiffe emissionsfrei erzeugt und so der Dieselverbrauch verringert werden.

Selbst die „Turanor“ wird wohl vorerst ein Prestige-Objekt bleiben. 12,5 Millionen Euro hat das Schiff gekostet — und steht damit nicht unmittelbar vor einer Massenproduktion. Einige wenige Urlauber sollen aber in Zukunft auf dem exklusiven Schiff durch das Mittelmeer kreuzen können. Ströher plant, das Boot umzubauen und an Urlauber zu verchartern. Zwölf Passagiere und vier Mann Crew könnten auf dem Katamaran Platz finden, sagte er.

Die Kosten bleiben ein leidiges Thema und ein Knackpunkt des Reisens mit Hilfe der erneuerbaren Energien. Wie viel das Solartaxi gekostet hat, sei schwer zu schätzen, sagte Palmer. Viele Helfer hätten ohne Lohn daran geschraubt. Aber man könne Solarmobile für 10 000 bis 15 000 Euro in Serie produzieren, davon ist er überzeugt.

Sein Modell, ein Dreirad mit einem Solarplatten-Anhänger, fährt bis zu 90 Stundenkilometer schnell und hat eine Reichweite von 300 Kilometern. Damit sei es ideal für Inseln und kleine Länder, in denen Bewohner und Besucher ohnehin keine weiten Strecken zurücklegen.

Louis Palmer will seine Botschaft jedenfalls weiter um die Welt tragen. Vor wenigen Wochen beendete er sein „Zero Emissions Race“: Nach 80 Tagen fuhren drei Elektromobile in Genf ein, so wie es der Plan war.

Noch einmal hatte Palmer die Erde umrundet, diesmal allerdings kam der Strom aus der Steckdose. Aber ob die Energie auf dem Dach des Autos oder des Hauses, per Windkraft oder Geothermie erzeugt wird, sei letztlich zweitrangig: Hauptsache, die Null steht.

Weitere Informationen gibt es im Internet.