Villa im Meer oder Flug ins All?

Verrückte Projekte sollen Urlauber locken — wie Skifahren in der Wüste und Bergsteigen in Holland.

Düsseldorf. Der Kinofilm „Lachsfischen im Jemen“ basiert auf der Romanvorlage von Paul Torday. Aber die verrückt anmutende Idee, das Sportfischen als Freizeitvergnügen in einem Wüstenstaat einzuführen, ist nichts gegen so manche Tourismusprojekte, die allen Ernstes verfolgt werden — oder zumindest wurden.

„The Palm Jumeirah“ in Dubai, eine 560 Hektar große Insel in Palmenform vor der Küste des Emirats am Persischen Golf, sollte nur der Anfang sein. Schätzungsweise 200 Millionen Kubikmeter Sand und Steine wurden hier aufgeschüttet. Einschließlich der Straßen, Luxusvillen, Hotels und Freizeitanlagen verschlang die Palme rund zehn Milliarden Dollar.

Weitere Pläne der staatseigenen Entwicklungs- und Baugesellschaft Nakheel machte die globale Finanzkrise zunichte: Die bereits fertig aufgeschüttete Palmeninsel Jebel Ali und auch „The World“, eine Inselgruppe in Form der Kontinente der Erde, werden nicht mehr bebaut. Inzwischen holt sich das Meer die Flächen zurück — die schöne neue Welt der arabischen Immobilienblase geht langsam unter.

Dem Inselbaufieber in nichts nach stand die Zahl der Skihallenprojekte am Golf. Mit „Ski Dubai“ wurde immerhin eines davon realisiert. Bei Außentemperaturen von bis zu 46 Grad Celsius können die Besucher in einer auf minus zwei Grad herunter gekühlten Halle auf fünf bis zu 400 Meter langen Pisten abfahren. Das ist Wedelspaß!

Zu wenig spektakulär, findet das benachbarte Emirat Ra’s al-Chaima und will am 1910 Meter hohen Jabal Bil Ays, der höchsten Erhebung der Vereinigten Arabischen Emirate, die längste künstliche Skipiste der Welt bauen. Aber nicht unter Dach, sondern mit freiem Blick auf die nur zwölf Kilometer entfernte Meerenge der Straße von Hormus. Umgebaute Meerwasserentsalzungsanlagen sollen als Schnee-Erzeuger eingesetzt werden, die Straße zum Berg ist bereits im Bau.

Während Ra’s al-Chaima zwar keinen Naturschnee, aber immerhin Berge hat, haben die Niederlande weder Schnee noch Berge, aber dafür viele skibegeisterte Bewohner. Erst behalf man sich mit Mattenpisten auf ehemaligen Kohlehalden, dann entstanden Skihallen. Jetzt wollen die Niederländer einen richtigen Berg, 2000 Meter hoch soll er sein.

Vom Aufschütten verstehen sie was, damit haben sie über Jahrhunderte ihr eigenes Land vergrößert und niederländische Firmen schufen auch die künstlichen Inseln in Dubai. Der Berg soll dabei nicht nur Freizeitoase für Bergsteiger und Mountainbiker werden, sondern zugleich als Produktionshalle oder Speicherort für CO2 dienen.

Was im Juli 2011 als Scherz des Journalisten Thijs Zonneveld in einer Zeitungskolumne begann, wird inzwischen von einem Firmenkonsortium vorangetrieben. 35 Prozent der Niederländer glauben, der Berg wäre gut für ihr Land. Unter den Niederländerinnen sind es weniger — Größenwahn ist eben eine typisch männliche Eigenschaft.

Ob Sir Richard Branson größenwahnsinnig oder ein großer Visionär ist, wird sich noch zeigen. Der milliardenschwere britische Unternehmer greift seit 2004 nach den Sternen. Damals gründete er die Firma Virgin Galactic und kündigte den Bau einer Flotte kommerzieller Raumschiffe an, die Tausende Touristen ins All befördern soll.

Inzwischen steht mitten in der Wüste von New Mexico der mit 200 Millionen Dollar Steuergeldern finanzierte Raumflughafen Spaceport America. Sechs Passagiere finden im Space Ship Two Platz, der Trip soll insgesamt gut drei Stunden dauern, in der Schwerelosigkeit verbrächten die Hobby-Astronauten dabei nur sechs Minuten. Trotzdem haben sich bereits 430 Raumfahrt-Aspiranten ein Ticket gesichert, zum Stückpreis von 200 000 Dollar.

Wer nicht nur ein Firmenimperium, sondern eine Weltmacht sein eigen nennt, für den gibt es höhere Ziele: Vladimir Putin will den Nordkaukasus befrieden. Das Instrument dazu soll die Entwicklung von fünf gigantischen Ferienorten sein. Macht einen pro Problemrepublik, Tschetschenien und Inguschetien ausgenommen. Dort Urlauber hinzulocken erscheint offensichtlich selbst dem Kreml als aussichtslos.

Im Ruf besonderer Sicherheit stehen aber auch die anderen Republiken nicht gerade. Im Februar 2011 sprengten beispielsweise Terroristen in Kabardino-Balkarien die neue Seilbahn am Elbrus, dem höchsten Kaukasusgipfel, in die Luft. Trotzdem sollen in den neuen nordkaukasischen Destinationen für elf Milliarden Euro mehr als 90 000 Betten, 179 Liftanlagen und 897 Kilometer Skipisten entstehen. Der erste Lift eröffnete am 18. März in Arkhyz. Von der Realisierung verspricht man sich die Schaffung von bis zu 320 000 Jobs.

Bleibt die Frage, ob sich genügend private Geldgeber vor diesen Karren spannen lassen. Sonst ereilt Putins Traum das gleiche Schicksal wie die Lachsfarm im Wüstenstaat Jemen — das einer Investitionsruine. Und der Film war auch ein (zumindest) kommerzieller Flop.