Wangerooge: Zwischen Dünen und Meer

Beim Strandspaziergang sollte man die Strandkörbe ganz weit hinter sich lassen.

Düsseldorf. Wer sich bewegt, verändert seine Perspektive. Dann erscheint Vertrautes manchmal in ganz neuem Licht - am Strand zum Beispiel. Selbst auf einer kleinen Insel wie Wangerooge lässt sich noch einiges entdecken, wenn der Blick nicht einfach wie im Sommerurlaub üblich nur vom eigenen Strandkorb bis zum Wasser reicht.

Wangerooge, kaum zehn Kilometer lang, bietet sich für ausgiebige Spaziergänge an. Am besten geht man am frühen Abend in den Sonnenuntergang hinein. Dann hat das Sonnenbaden ein Ende, und es wird auf der ostfriesischen Insel etwas ruhiger.

Den Strand erreichen die meisten Inselbesucher über die Zedeliusstraße, Wangerooges Hauptschlagader. An Sommernachmittagen erscheint sie oft so voll wie die A40 im Ruhrgebiet. Auch am Strand bleibt bei Sonnenschein meist wenig Platz. Die Zedeliusstraße endet auf Strandhöhe am "Café Pudding", genau an der Stelle, an der einst eine Bake als Seezeichen auf einer Düne stand. Hier muss man sich vor jeder Strandwanderung entscheiden, in welche Richtung es weitergehen soll.

Nach links in Richtung Westen bietet sich als Ziel der Westturm an, in dem heute die Jugendherberge untergebracht ist. Nach rechts geht es in den noch schöneren Osten der Insel, der heute wieder der Natur überlassen ist. Bis Ende der 50er Jahre legten dort Schiffe an.

Die Reste der Bahngleise, die ins Inseldorf führten, sind noch zu sehen. Die Badestrände sind hier weit weg, die Surfer ebenfalls. Dafür fühlen sich tausende Seevögeln umso wohler, die dort bevorzugt brüten.

Zunächst führt der Weg aber vorbei an den Strandkörben im Ostfeld. Bei ablaufendem Wasser kann man problemlos dort laufen, wo vor kurzer Zeit noch alles überspült war. Die Wattflächen glitzern im Sonnenlicht, eine Strandkrabbe voller Seepocken auf dem Panzer liegt auf dem feuchten Boden.

An einzelnen Stellen steht noch das Nordseewasser, in den Prielen fast knietief. Dort sind gut Garnelen zu beobachten und mit etwas Glück lassen sich auch Seesterne entdecken, die man ruhig kurz in die Hand nehmen kann.

Zum Muscheln-Sammeln ist ein Strandspaziergang ohnehin ideal: Die Innenseiten von Miesmuscheln schimmern silbrig, Herzmuscheln sind mal schlicht ockerfarben, mal spielen sie ins Bläuliche, mal ins Rötliche.

Auch die langen schmalen Schwertmuscheln, die eigentlich nicht aus Europa stammen, sind an Wangerooges Küste in großer Zahl zu finden, gerade nach stürmischen Tagen. Seetang liegt in breiten Schlieren auf dem nassen Sand. Ein Stück weiter im Osten hat sich eine Möwenkolonie niedergelassen, um die Dunkelheit abzuwarten. Wer nicht zu nahe kommt, kann an ihnen vorbeigehen, ohne dass sie sich rühren.

Der Strand an der Ostspitze wirkt vollkommen anders als in Höhe der Zedeliusstraße: breiter, weiter, wilder. Volleyballnetze sind in diesem Teil der Insel genauso tabu wie Strandmuscheln. Bewachte Badestrände gibt es hier nicht - und an unbewachten Stränden sollte niemand baden. Dafür ist man fast unter sich, man kann sich gegen den Wind stemmen, den Austernfischern zusehen oder den Möwen, wie sie langsam über die Dünen gleiten.

An der Ostspitze dürfen die Dünen nur an den dafür vorgesehenen Übergängen durchquert werden, der Weg auf dem Strand aber ist frei. Zurück ins Inseldorf geht es auf der dem Festland zugewandten Inselseite, wo der Wind nicht so kräftig weht und der Blick aufs Watt fällt.

Auch das ist mal etwas ganz anderes als der gewohnte Ausblick am Badestrand.