Winterspiele unter Palmen - Sotschi hofft auf Touristenboom

Sotschi (dpa/tmn) - Olympische Winterspiele 2014 unter Palmen am Schwarzen Meer. Das einstige sowjetische Ferienparadies Sotschi, die Riviera des Ostens, hofft auf einen Touristenboom. Noch aber ist der geplante Vorzeige-Kurort alles andere als einladend.

Wie Juwelen funkeln schon von weitem bei Sonnenschein die Eisarenen und das markante weiße Stadion „Fischt“ im Olympiapark am Schwarzen Meer. Die Bauten künden an der steinigen Küste von Russlands Sportereignis des Jahres - um einiges entfernt vom eigentlichen Herzen des Sommerferienorts Sotschi und seiner belebten Strandpromenade.

„Sotschi ist Schaufenster für das moderne Russland“, sagt Dmitri Tschernyschenko, der im Auftrag des Kreml das Olympische Organisationskomitee leitet. Als Einheimischer muss der 45-Jährige „seine Stadt“ besonders überzeugend anpreisen. „Die Stadt strahlt auf das ganze Land aus. Nirgends sonst gibt es bei uns eine so beispielhaft umweltfreundliche und behindertengerechte Bauweise“, schwärmt der Mann mit dem kahlgeschorenen Kopf.

Tschernyschenkos Aufgabe ist es, die vielen Probleme und Skandale um die Olympia-Baustellen wegzulächeln. Der Funktionär ist zuversichtlich, dass alles rechtzeitig fertig wird und der Name Sotschi international künftig nach Urlaub klingt.

Die einstige Riviera der Sowjetunion, auf einer Höhe wie Nizza gelegen, hat zweifellos schöne Ecken. Auch viele DDR-Urlauber erholten sich früher in dem Badeort mit dem mediterranen Klima. Das war, als das Reisen hinter dem Eisernen Vorhang insgesamt wenige subtropische Ziele bot.

Der mächtigste Mann des Landes, Präsident Wladimir Putin, sieht die Olympischen Winterspiele als ideale Chance, Russland-Reisenden zu offenbaren, dass es im größten Land der Erde mehr gibt als die frühere Zarenmetropole St. Petersburg oder die schillernde Hauptstadt Moskau. Wenn Putin das Ringe-Spektakel am 7. Februar 2014 eröffnet, will er auch für den neuen Tourismusstandort in den Subtropen mit Sonne, Meer und Bergen werben.

Kritiker, vor allem Menschenrechtler, warnten zuletzt davor, sich von dem neuen Schick blenden zu lassen. Die Werbeshow sei teuer erkauft, weil Bürger zwangsumgesiedelt, Naturschönheiten zerstört und Gastarbeiter ausgebeutet worden seien.

Deshalb versuchen Putins Funktionäre, den Dienstleistern hier einzubläuen, dass Olympia die Visitenkarte für den möglichen Durchbruch als internationaler Ferienort ist. Um dem verbreiteten Preiswucher Einhalt zu gebieten, deckelte der Moskauer Machtapparat sogar per Erlass die Preise für alle Hotelkategorien. So darf eine Luxussuite in einem Fünf-Sterne-Hotel höchstens 13 896 Rubel (rund 320 Euro) kosten, ein Einzelzimmer in einem Drei-Sterne-Hotel liegt der Regierungstabelle zufolge bei weniger als 100 Euro. Viele Privatleute, die Zimmer vermieten, dürften sich aber kaum an die offiziellen Preisgrenzen halten.

Zweifel an den Gastgeberqualitäten hatten einige ausländische Athleten und Sportfans zuletzt angesichts der in Russland verbreiteten Feindlichkeit gegenüber Homosexuellen. Im Nachtclub „Majak“ im Stadtzentrum von Sotschi hat Betreiber Andrej Tenitschew trotz der nicht gerade einfachen Lage entschieden - „nach einigem Zögern“ -, sein Etablissement für schwules Publikum offen zu halten.

„Die Leute müssen schließlich etwas ausspannen. Wir haben mehrere Bartresen und können bis zu 300 Besucher unterbringen“, sagt er während der Proben für eine neue Show. „Unser Showprogramm studieren wir gerade extra auf Englisch ein“, sagt Tenitschew.

Mindestens sprachlich gesehen ist er dem Rest der Stadt damit voraus. Trotz einer Sprachoffensive, zu der unter anderem kostenlose Englisch-Kurse gehörten, dürfte manch ein Besucher Probleme bekommen. Vor allem die kyrillischen Schriftzeichen sind für Ausländer schwer zu entziffern. Speisekarten oder Straßenschilder sind bisweilen nicht oder kurios übersetzt.

In Sachen Schnee ist besser vorgesorgt: Zumindest für die Olympischen Spiele haben die Organisatoren Tonnen davon in Depots gehortet. Außerdem stehen Hunderte Schneekanonen bereit.

Wie die Region künftig gegen internationale Wintersportregionen ankommen will, dazu bleiben viele Fragen offen. Dabei soll Sotschi nur der Anfang sein. Die russische Führung unternimmt längst auch im schneesicheren Nordkaukasus reichlich Anstrengungen, das Gebiet für Touristen attraktiv zu machen - ungeachtet der instabilen Lage dort.